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OLG Koblenz, Urteil vom 25.04.2018 – 5 U 1161/17 – “Umfang des mietvertraglichen Konkurrenzschutzes


Das Oberlandesgericht Koblenz befasste sich mit Urteil vom 25.04.2018 – 5 U 1161/17 – mit der Frage, ob ein mietvertraglicher Konkurrenzschutz zu gewähren ist für den Betrieb einer Eisdiele gegenüber einem türkischen Spezialitätengeschäft mit einem Bistro im Eingangsbereich mit dem Angebot von Kaffee, Kuchen, Milchshakes, Crêpes, kalten Getränken und andere Waren. Das Oberlandesgericht bejaht die Verletzung der mietvertraglichen Verpflichtung, dem Mieter Konkurrenz im Hauptsortiment fernzuhalten. Der Mieter war deshalb zur Minderung der Miete um 20 % und nach vorangegangener erfolgloser Abmahnung zur fristlosen Kündigung des langjährigen Mietverhältnisses berechtigt.

Die Parteien hatten eine Laufzeit des Mietvertrags von sieben Jahren vereinbart. Mietbeginn war am 01.02.2012. Ausweislich des Mietvertrages sollte die Gewerbeeinheit als Eisdiele genutzt werden. Zudem wurde unter dem Regelungsabschnitt „§ 7 Konkurrenzschutz“ die Alternative „der Vermieter gewährt dem Mieter Konkurrenzschutz in folgendem Umfang“ angekreuzt und durch den Zusatz „keine Eisdiele“ ergänzt. In der Folgezeit führte der Mieter in den angemieteten Räumlichkeiten einen Gastronomiebetrieb, in dem neben Eis auch Kuchen, Waffeln, Crêpes sowie Kaffeespezialitäten angeboten wurden. Am 27.06.2015 vermietete der Vermieter in dem Mietkomplex im Erdgeschoss neben der Gewerbeeinheit des Mieters Räumlichkeiten an einen neuen Mieter zum Zwecke des Betriebs eines türkischen Lebensmittelladens mit Frischeabteilung/Obst, Gemüse, Käse und Fleisch- und Wurstwaren. In der Gewerbeeinheit betrieb der neue Mieter daraufhin einen Feinkostladen mit türkischen Lebensmitteln und richtete im Eingangsbereich ein Bistro ein. Dort wurden angebotenen Kaffee, Kuchen, Milchshakes, Crêpes, kalte Getränke und andere Waren. Der „Altmieter“ forderte den Vermieter zur Beseitigung der Konkurrenz unter Fristsetzung und bei Androhung einer fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses auf. Der Vermieter kam dieser Aufforderung nicht nach. Der Altmieter kündigte daraufhin das Mietverhältnis fristlos.

Das Oberlandesgericht Koblenz führt aus, dass der Vermieter die mietvertragliche Konkurrenzschutzabrede verletzte, indem er die Nutzung der unmittelbar benachbarten Räumlichkeiten durch ein türkisches Spezialitätengeschäft nicht unterband. Diese Verletzung einer Konkurrenzschutzabrede ist ein Mietmangel im Sinne des § 536 Abs. 1 S. 1 BGB (so BGH NJW 2013, 44). Grundsätzlich ergibt sich auch ohne ausdrückliche Vereinbarung der Parteien aufgrund der Verpflichtung des Vermieters, den Mieter vor Störungen des vertragsgemäßen Gebrauchs zu bewahren, die zusätzliche Verpflichtung, den Mieter gegen Konkurrenz bei den Hauptartikeln im selben Haus zu schützen (BGH NJW 2013, 44; BGH NJW 2012, 844). Bei der Ausgestaltung sind die Umstände des Einzelfalls sowie der Grundsatz von Treu und Glauben aufgrund einer Abwägung der Interessen der Parteien zu berücksichtigen. Eine Überschneidung bei den Hauptartikeln wurde von der Rechtsprechung etwa angenommen im Verhältnis zwischen einer Imbissstube und einer Pizzeria (OLG Hamm NJW-RR 1997, 459), zwischen einem Café mit Konditorei und einem italienischen Eissalon (OLG Frankfurt DB 1970, 46), aber auch zwischen einer Kantine und einem Café mit Eisdiele (BGH GRUR 1961, 437). Vorliegend war ein entsprechendes Konkurrenzverhältnis gegeben. Die Lokalitäten befanden sich unmittelbar nebeneinander. Beide Mieter bieten Getränke an, die sich zu weiten Teilen decken (insbesondere Kaffee), und halten ein Speiseangebot vor, das sich in wesentlichen Teilen überschneidet. Die von den Parteien im Mietvertrag getroffene ausdrückliche Regelung zum Konkurrenzschutz gebietet kein anderes Ergebnis. Grundsätzlich haben die vertraglichen Abreden der Parteien zum Konkurrenzschutz Vorrang, da dieser durch ausdrückliche Bestimmungen sowohl erweitert als auch eingeschränkt oder sogar ausgeschlossen werden kann. Dabei ist der konkrete Umfang durch Auslegung zu ermitteln, wobei die gesamten Umstände, insbesondere die zutage getretenen Interessen der Parteien zu berücksichtigen sind (BGHZ 195, 50, Rn. 20 ff.). Vorliegend kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Parteien durch die Niederlegungen im Mietvertrag eine vom vertragsimmanenten Konkurrenzschutz abweichende Regelung treffen wollten.

Der Mieter war somit zur Minderung der Miete berechtigt. Der Umfang der Herabsetzung richtet sich hierbei stets nach den Umständen des Einzelfalls. In erster Linie ist der Schweregrad des Mangels und die dadurch bewirkte Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit der Mietsache zu berücksichtigen. Das Oberlandesgericht meint, dass ein Minderungsbetrag von 20 % angemessen ist.

Das Oberlandesgericht führt weiter aus, dass der Mieter wegen des Verstoßes des Vermieters gegen die Konkurrenzschutzklausel nach vorheriger erfolgloser Fristsetzung zur Abhilfe nach § 543 Abs. 1 und 3 BGB zur außerordentlichen fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt war.