Project Description

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.06.2017 – 15 Sa 66/17 – “Überstundenvergütungsansprüche?


Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat in einer Entscheidung vom 28.06.2017 die gängige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, die hohe Anforderungen an Vergütungsansprüche von Arbeitnehmern für geleistete Überstunden stellt, kritisiert. Im zu entscheidenden Fall hatte eine Führungskraft in einem Zeitraum von 9 Monaten 529 Überstunden aufgebaut und diese geltend gemacht. Der Arbeitgeber bestreitet zwar nicht die Überstunden an sich, aber er behauptet, diese nicht veranlasst zu haben, in 1. Instanz unterliegt der Kläger, in 2. Instanz obsiegt er.

Das Landesarbeitsgericht argumentiert, dass ein Arbeitgeber, der von den Überstunden Kenntnis erlange und keine Vorkehrungen treffe, dass Überstunden nicht mehr erbracht werden, diese auch bezahlen müsse (insoweit noch in Übereinstimmung mit dem Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.09.2015 – 5 AZR 767/13). Im Weiteren kritisierte das Landesarbeitsgericht allerdings die Anforderung des Bundesarbeitsgerichts an die Darlegung der Überstundenanordnung durch den Arbeitgeber, die der Arbeitnehmer zur Schlüssigkeit seiner Klage leisten muss. Der Arbeitgeber sei schließlich „Herr im eigenen Betrieb“ und habe es in der Hand, die Arbeitnehmer nach getaner Arbeit nach Hause zu schicken. Tue er das nicht, handele es sich nicht um aufgedrängte, nicht vergütungspflichtige Leistungen.

Die Überlegungen des Landesarbeitsgerichts werden sich (wohl) aber in der Rechtsprechung nicht durchsetzen. Hintergrund ist, dass der Arbeitgeber, der es gegebenenfalls fahrlässig versäumt, Arbeitnehmer (immer wieder) von der Abhaltung von Überstunden abzuhalten, eventuell fahrlässig und möglicherweise auch ordnungswidrig handelt (§ 22 Abs. 1 Nr. 9 ArbZG), eine nur fahrlässige Annahme von nicht geforderten Leistungen führt aber nach den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen nicht zu einer Vergütungspflicht derselben (§§ 241 a, 814 BGB).