Project Description

OLG Rostock, Urteil vom 17.05.2018 – 3 U 78/16 – “Temperaturüberschreitung als Mangel


Das Oberlandesgericht Rostock hat sich mit Urteil vom 17.05.2018 – 3 U 78/16 – mit der Frage befasst, wann Temperaturüberschreitungen als Mangel der Mietsache anzusehen sind. Hierbei hat es auch die Problematik behandelt, welche Partei die Vortrags- und Beweislast für die Beseitigung behaupteter Mängel trägt, die unstreitig einmal vorhanden waren.

Mietsache ist ein Modegeschäft. Bereits in der Vergangenheit wurde die Miete wegen fehlerhafter Funktionsfähigkeit der Be- und Entlüftungsanlage und damit verbundenen Temperaturüber- und -unterschreitungen gemindert. Der Vermieter nahm die Minderungen unbeanstandet hin. Der Vermieter behauptet, die Mängel seien ab Februar 2013 vollständig beseitigt worden. Der Mieter mindert die Miete aber auch für die Zeit ab Februar 2013 und macht geltend, die Lüftungs- und Klimaanlage funktioniere weiterhin nicht ordnungsgemäß, die Mangelbeseitigungsarbeiten seien erst im Februar 2013 beendet worden und bereits im März 2013 sei es wieder zu Ausfällen gekommen.

Das Oberlandesgericht Rostock meint, die Mieterin sei weiterhin auch für die Zeit ab Februar 2013 berechtigt, die Nettogrundmiete um 25 % zu mindern. Es liege ein Mangel der Mietsache vor. In den Mieträumen müsse eine für den Vertragszweck erforderliche Temperatur erreicht werden. Entgegen anderen Stimmen in Literatur und Rechtsprechung (OLG Karlsruhe, Urteil vom 17.12.2009, 9 U 42/09 und OLG Frankfurt, Urteil vom 19.01.2007, NZM 2007, 330) hält das Oberlandesgericht Rostock an der von ihm bislang vertretenen Meinung fest, bei Verkaufs- und Büroräumen, in denen Arbeitnehmer beschäftigt werden, lasse sich ein Mangel bereits dadurch herleiten, dass die Richtwerte der Arbeitsstättenverordnung und der sie konkretisierenden Arbeitsstättenrichtlinie Raumtemperatur überschritten werden, wonach die Raumtemperatur nicht höher als 26 °C sein dürfe, jedenfalls bei bis zu 32 °C Außentemperatur.

Zwischen den Parteien war streitig, ob die Mängel an der Klima- und Lüftungsanlage ab Februar 2013 behoben waren. Auszugehen ist von dem Grundsatz, dass der Mieter das Vorliegen eines Mangels vortragen und beweisen muss. Anders verhält es sich aber dann, wenn es feststeht, dass ein Mangel vorhanden war und der Vermieter behauptet, diesen beseitigt zu haben und der Mieter dies bestreitet. Dann trifft den Vermieter die Vortrags- und Beweislast für die behauptete Beseitigung des Mangels (BGH NZM 2000, 549). Der Mieter kann sich auf ein Bestreiten der Mangelbeseitigung beschränken und braucht dieses nur dann substantiieren, wenn auch der Vermieter die Mangelbeseitigung und ihren Erfolg mit Substanz vorträgt. Der Vermieter muss vortragen, welche Mängel vor der von ihm behaupteten erfolgreichen Mangelbeseitigung bestanden haben und dass diese nicht mehr vorhanden sind. Der Vermieter könne sich auch nicht darauf berufen, dass der Mieter nach der angeblichen Mangelbeseitigung weitere Mangelrügen unterlassen habe. Das Oberlandesgericht Rostock führt aus, es sei nicht erforderlich, wiederholt auf den Fortbestand eines Mangels hinzuweisen, wenn dieser erst einmal angezeigt ist. Es genügt nicht, wenn der Vermieter die Beseitigung der Funktionsstörungen der Be- und Entlüftungsanlage behauptet. Er muss vielmehr die Beseitigung des Mangels zur Überzeugung des Gerichts dartun und beweisen.

Sehr problematisch ist die Auffassung des Oberlandesgerichts, der Einwand des Vermieters sei unbeachtlich, es handele sich nur um periodisch auftretende Mängelerscheinungen, sodass eine fortdauernde Minderung nicht in Betracht komme. Bei periodisch auftretenden Gebrauchsbeeinträchtigungen ist eine Minderung nur für den Zeitraum der Beeinträchtigung anzuerkennen (BGH NZM 2011, 153). Mit der Begründung, es müsse permanent in Betracht gezogen werden, dass eine 26 °C übersteigende Raumtemperatur erreicht wird, meint das Oberlandesgericht, es bestehe stets die konkrete Gefahr der Gebrauchsbeeinträchtigung, sodass keine nur periodisch auftretende Gebrauchsbeeinträchtigung, sondern eine fortdauernde Minderung vorliege. Es gebiete sich daher eine zusammenfassende Betrachtung im Rahmen der Minderungsbestimmung. Diese Begründung ist zwar intelligent und kreativ. Ob der Bundesgerichtshof das ebenso sehen wird, falls er einen entsprechenden Fall zu entscheiden hat, muss abgewartet werden.