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OLG Köln, Urteil vom 04.10.2019 – 1 U 83/18 – “Schriftformmangel bei einer Überschrift statt einer Unterschrift“


Das Oberlandesgericht Köln beschäftigte sich mit Urteil vom 04.10.2019 – 1 U 83/18 – unter anderem mit einer Schriftformfrage. Es ging um einen Mietvertrag über eine Gaststätte mit einer Mietdauer vom 01.02.2015 bis 31.01.2020. Mit Schreiben vom 10.02.2019 kündigte der Mieter das Mietverhältnis ordentlich zum Ablauf des 30.09.2019 mit der Begründung, es liege ein Schriftformmangel vor. Nach formwirksamen Abschluss des Mietvertrages hatten sich die Parteien darüber verständigt, dass der Mieter ergänzend einen Lagerraum mit einer Fläche von 80 m² anmietet. Die Ergänzungsvereinbarung nahm zwar ausdrücklich Bezug auf den ursprünglichen Mietvertrag, sie wurde jedoch nicht unterzeichnet. Vielmehr befanden sich die maßgeblichen Unterschriften der Vertragsparteien nicht unter, sondern über der getroffenen Vereinbarung.

Das Oberlandesgericht Köln entscheidet, dass ein Schriftformmangel vorliegt, der den Mieter zur ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigte. Die Ergänzungsvereinbarung führte zu einer Veränderung wesentlicher Vertragsbestandteile des Mietvertrags, ohne dass sie unterzeichnet ist. Der Einwand des Vermieters, der ursprüngliche Mietvertrag gelte trotz des Schriftformverstoßes in der Ergänzungsvereinbarung weiterhin nicht für unbestimmte Zeit, weil sich der Schriftformverstoß nur auf die Änderungsvereinbarung beschränke, hatte keinen Erfolg. Nach allgemeiner Meinung führt der Formmangel eines Änderungsvertrags zu einem Miet- oder Pachtvertrag dazu, dass der zunächst formgültig geschlossene ursprüngliche Vertrag nunmehr gleichfalls der Schriftform entbehrt und als für unbestimmte Zeit geschlossen gilt (BGHZ 50, 39; BGH NJW 1975, 1653; BGHZ 99, 54; BGHZ 125, 175; Palandt, BGB, § 550 Rn. 18). Eine Ausnahme hierzu hat der Bundesgerichtshof für einen Änderungsvertrag zugelassen, der lediglich eine Verlängerung des Ursprungsvertrages beinhaltet und dessen Inhalt im Übrigen unberührt lässt (BGHZ 50, 39). Gleiches gilt, wenn neben dem alten Mieter ein weiterer neuer Mieter formlos einem bestehenden, schriftlich abgeschlossenen befristeten Mietvertrag beitritt (BGH NJW 1975, 1653). Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass die Änderungsvereinbarung in den Inhalt des bereits bestehenden und formgültigen ursprünglichen Vertrages während dessen Laufzeit in keiner Weise eingreift, sondern nur zur Folge hat, dass der vereinbarten Mietzeit, bei der es nach dem Willen der Vertragsschließenden bleibt, ein weiterer Zeitabschnitt vertraglich angefügt wird. Der Gedanke, dass der als unteilbare Einheit aufgefasste Inhalt des Vertrages formgültig nur abgeändert werden könne, wenn er insgesamt von der Schriftform umfasst werde, treffe dann nicht mehr in vollem Umfang zu, wenn die Änderung nur in einer den sonstigen Inhalt nicht berührenden Verlängerung bestehe. Daraus folge, dass nur der Verlängerungsvertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen und deshalb kündbar sei, während der ursprüngliche formgültige Vertrag bis zum Ende der vereinbarten Laufzeit fest abgeschlossen bleibe. Diese Grundsätze seien auch auf den Fall des Vertragsbeitritts eines neuen Mieters übertragbar, soweit sich hierdurch die Rechtsstellung des früheren Mieters nicht habe verändern sollen. Mit diesen Entscheidungen war der konkrete Fall aber nicht vergleichbar, denn es ging um die Erweiterung der Mietfläche um eine weitere Räumlichkeit, also nicht um einen der von der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmefälle der bloßen Mietzeitverlängerung oder des Beitritts eines weiteren Mieters zum Mietvertrag bei unveränderter Fortführung des ursprünglichen Vertrages im Übrigen. Für die Ausnahmefälle war stets maßgeblich, dass die Änderungsvereinbarung den sonstigen Vertragsinhalt nicht berührte. Ob solches auch bei einer Veränderung der Mietfläche oder des Mietgegenstandes angenommen werden kann, erscheint fraglich. Jede Erweiterung oder Beschränkung der Mietfläche führt zu Veränderungen beim Vertragsverhältnis im Übrigen etwa mit Blick auf die Gewährleistungspflicht des Vermieters oder den Umfang der Nebenkosten. Das Oberlandesgericht Köln lässt im Ergebnis offen, ob auch die Anmietung einer Zusatzfläche als Ausnahmefall behandelt werden könne, der die Schriftform des Ursprungsmietvertrages unberührt lasse, weil im konkreten Fall die Änderungsvereinbarung den sonstigen Vertragsinhalt schon deshalb berührte, weil der ursprüngliche Mietvertrag vorgesehen habe, dass vom Vermieter an der rechten Außenwand des Mietobjekts in Höhe der Küche ein Kühlcontainer aufgestellt werde, während mit dem Mietergänzungsvertrag vereinbart wurde, dass der Kühlcontainer in dem an die Toilettenanlage des Haupthauses angrenzenden Raum mit Zugang vom Hof untergebracht werde. Daher stehe die Änderungsvereinbarung in einem inhaltlichen Zusammenhang mit den vertraglichen Pflichten aus der Ursprungsvereinbarung. Diese könne nur so verstanden werden, dass der zusätzliche Raum die Aufstellung des Kühlcontainers ersetzen sollte, sodass die Nachtragsvereinbarung den Ursprungsvertrag berührt.

Somit lag ein Schriftformmangel des Mietverhältnisses mit der Folge vor, dass es ordentlich kündbar war.