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OLG München, Urteil vom 17.09.2019 – 28 U 945/19  – “Risikoverteilung beim Detail-Pauschalvertrag“


Das Oberlandesgericht München hat in einer vom Bundesgerichtshof bestätigten Entscheidung zu der Risikoabgrenzung zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber beim Pauschalvertrag, der auf einem umfassenden Leistungsverzeichnis beruht, Folgendes entschieden:

  1. Wird die auszuführende Leistung durch ein detailliertes Leistungsverzeichnis bestimmt und als Vergütung der Leistung eine Pauschalsumme vereinbart (sog. Detail-Pauschalvertrag), umfasst der vereinbarte Pauschalpreis die Leistung nur in der jeweils angegebenen Größe, Güte und Herstellungsart.
  2. Da das Leistungsverzeichnis bei einem sogenannten Detail-Pauschalvertrag abschließend ist, trägt der Auftragnehmer (nur) das Mengenrisiko und der Auftraggeber das Vollständigkeitsrisiko.
  3. Nicht beschriebene, aber für die Vertragserfüllung notwendig werdende Zusatzarbeiten sind bei einem sogenannten Detail-Pauschalvertrag ebenso besonders zu vergüten wie bei einem Einheitspreisvertrag.

Das Oberlandesgericht kommt zu diesem Ergebnis, indem es die im konkreten Einzelfall beschriebenen Leistungen auswertet. Im entschiedenen Fall ging es um den Abbruch einer Ferienanlage, bei dem zu den einzelnen Gebäuden durchaus unterschiedliche Leistungen angeboten wurden und Vertragsbestandteil wurden, so wurde bei einigen Gebäuden die Entsorgung des Abbruchmaterials geregelt, bei anderen nur die Separierung. Im Rahmen der Durchführung ergab sich eine in dem Leistungsverzeichnis/Angebot nicht beschriebene Belastung mit erheblichen Schadstoffen, für die der Abbruchunternehmer eine zusätzliche Vergütung verlangte. Das Oberlandesgericht hat, nachdem das Landgericht die Klage abgewiesen hat, der Klage dem Grunde nach stattgegeben.

Nach den Regelungen im LV trug die Unternehmerin (so das OLG) das Risiko, dass bestimmte Kontaminationsklassen erreicht werden, aber nicht, dass eine noch höhere Kontamination erreicht wird. Auch trug sie das Risiko, dass bis zur maximalen, angegebenen Kontaminationsklasse die vorhandenen Materialien komplett und nicht nur zum Teil in diese Kontaminationsklasse fallen und mit der maximalen Kontamination zu entsorgen sind. Das Risiko, dass die abzubrechenden Baustoffe noch höher belastet sind, hat die Unternehmerin aus Sicht des Oberlandesgerichts München demgegenüber nicht übernommen. Das Oberlandesgericht argumentiert auch damit, dass die Auftraggeberin eine sachverständige Untersuchung zur Grundlage ihrer Ausschreibung gemacht hat, diese zwar nicht bis ins letzte Detail vorgedrungen ist, es aber keinerlei Anhaltspunkte dafür gab, dass die Auftragnehmerin Risiken aus dem Gutachtenergebnis übernehmen wollte, da sie selbst ja keinerlei Vertragsbeziehung zum Sachverständigen, der die Bewertung erstellt hatte, hatte.

Das Oberlandesgericht weist auch darauf hin, dass die Auftraggeberin, wenn sie absolute Preissicherheit hätte haben wollen den Weg wählen konnte, eine sogenannte funktionale Leistungsbeschreibung auszuführen und keine detaillierten Einzelleistungen zu bestimmen. Wer aber ein detailliertes Leistungsverzeichnis für die Ausschreibung verwendet und auf dessen Basis einen Pauschalvertrag abschließt, schließt einen Detail-Pauschalvertrag mit der Folge, dass nur die tatsächlich beschriebenen Leistungen vom Vertragspreis erfasst sind und zusätzliche Leistungen, die dort nicht beschrieben sind, zusätzlich zu vergüten sind.