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Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.02.2019 – 9 AZR 423/16 – “Rechtsprechungsänderung des Bundesarbeitsgerichts zum Verfall von Urlaubsansprüchen


In der Folge der bereits in unseren Newslettern besprochenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 06.11.2018 (C-648/16 und C-619/16) hat nun auch das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs angepasst.

Im entschiedenen Fall hat der Kläger von seiner Arbeitgeberin Urlaubsabgeltung eines im Jahr 2015 beendeten Arbeitsverhältnisses verlangt und dabei Urlaubsabgeltung für die Jahre 2012 und 2013 verlangt. Die Inanspruchnahme des Urlaubs hatte der Kläger nicht beantragt, die Arbeitgeberin hat aber auch nicht darüber informiert, dass der Urlaub zu nehmen ist, ansonsten verfalle. Nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts war der Urlaubsanspruch verfallen. Nun hebt das Bundesarbeitsgericht das auf dieser Rechtsprechung basierende Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln auf und verweist den Rechtsstreit zurück, das Bundesarbeitsgericht vertritt nun die Auffassung, dass der Urlaubsanspruch nur dann erlischt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch wahrzunehmen und der Arbeitnehmer den Urlaub aus freien Stücken dennoch nicht genommen hat.

Wichtig und interessant ist, was das Bundesarbeitsgericht dazu ausführt, wie der Arbeitgeber seine Mitwirkungsobliegenheiten erfüllen kann. Man ist offensichtlich der Meinung, dass eine einmalige Mitteilung in Textform zu Beginn des Kalenderjahres ausreichend sein soll, aus der sich ergibt

–      wie viele Arbeitstage Urlaub dem Arbeitnehmer im Kalenderjahr zustehen

–      die ihn dazu auffordert, seinen Jahresurlaub rechtzeitig zu beantragen, dass er innerhalb des Urlaubsjahres genommen werden kann

–      und ihn darauf hinweist, was passiert, wenn er den Urlaub nicht entsprechend dieser Aufforderung beantragt, also dass er verfällt.

Arbeitgebern, die eine Übertragung der Urlaubsansprüche nicht wünschen, ist also dringend zu raten, eine entsprechende Kommunikation (nachweislich) mit den Mitarbeitern zu führen. Dies kann natürlich auch nicht zum Jahresbeginn sondern z.B. nach den Sommerferien erfolgen, dann sinnvollerweise mit dem aktuellen Resturlaubsstand.

Wir empfehlen insoweit sowohl zu Jahresbeginn wie Anfang des 3. Quartals die Arbeitnehmer zu informieren und vor allem in der Information im 3. Quartal zum restlichen Bestand der Urlaubsansprüche auch aufzufordern, rechtzeitig den Urlaub zu beantragen, sodass eine Inanspruchnahme bis zum Jahresende überhaupt noch möglich ist ohne einen geordneten Betriebsablauf zum Jahresende zu gefährden.