Project Description

Kammergericht Berlin, Beschluss vom 26.11.2020 – “Paritätisches Wechselmodell – Hinderungsgründe“


Es ist mittlerweile anerkannt, dass ein sogenanntes paritätisches Wechselmodell im Falle der Trennung von Eltern nicht nur durch Vereinbarung sondern auch durch gerichtliche Entscheidung festgelegt werden kann. Im Falle der notwendigen bzw. beantragten gerichtlichen Entscheidung müssen jedoch bestimmte Grundvoraussetzungen erfüllt sein. Hierzu gehören eine nicht zu große räumliche Distanz zwischen den Wohnorten der Eltern sowie insbesondere „eine tatsächlich bereits bestehende Kommunikations-und Kooperationsfähigkeit der Eltern“ (BGHZ 214,31 = NJW 2017, 1815). Durch das Kammergericht Berlin war in einem Beschluss vom 26.11.2020 – 16 UF 138/19 (NJW 2021,867) über einen Sachverhalt zu entscheiden, wonach Eltern eines knapp sechsjährigen Kindes über die Ausgestaltung des Umgangs gerichtlich gestritten haben. Durch den Kindesvater war die Anordnung eines paritätischen Wechselmodelles beantragt worden, in I. Instanz hatte das Amtsgericht, Familiengericht eine Regelung mit überwiegender Betreuung und Versorgung durch die Kindesmutter getroffen. Während des Beschwerdeverfahrens wurde ein gerichtliches Mediationsverfahren betrieben, welches in einer detaillierten Regelung zum Umgang einschließlich Ferienzeiten mündete. Allerdings hat sich der Kindesvater später von der Regelung „losgesagt“, mit der Begründung, dass das ursprüngliche Ziel des paritätischen Wechselmodelles nicht umgesetzt werden konnte, dieses weiter verfolgt wird.

Durch das Kammergericht wurde zunächst darauf verwiesen, dass eine gerichtliche Billigung der in der Mediation getroffenen Regelung nicht erfolgen kann, da dies die Zustimmung aller Beteiligten zum Zeitpunkt der Billigung durch das Gericht voraussetzt, welche nicht mehr vorlag. Zugleich wurde ausgeführt, dass aufgrund massiver jahrelanger Streitigkeiten, auch mit Beleidigungen in E-Mails seitens des Kindesvaters, Anzeigen und Polizeieinsätzen sowie dem Hinweis des Jugendamtes auf eine Kindeswohlgefährdung mit massivem Loyalitätskonflikt, keine Basis für die Anordnung eines paritätischen Wechselmodelles besteht.

Da durch den Kindesvater letztlich inhaltlich keine Einwände gegen die zum Abschluss der Mediation getroffenen Vereinbarung vorgebracht wurden, lediglich „die Reue“ darüber, dass dieser sich nicht vollständig durchgesetzt hat, hat das Kammergericht darauf verwiesen, dass die Vereinbarung gleichwohl Ausdruck einer am Kindeswohl orientierten Regelung ist, dem Kindeswohl im Zweifel am besten entspricht und deshalb Grundlage der Anordnung zur Umgangsregelung sein kann.

Die Entscheidung zeigt, dass ein angestrebtes paritätisches Wechselmodelles auch im sonstigen Verhalten zum anderen Elternteil „vorbereitet“ sein muss und eine einmal getroffene Regelung zwar nicht unbedingt formal bindend jedoch nicht bedeutungslos ist.