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KG Berlin, Beschluss vom 23.10.2017 – 8 U 91/17 Optionsausübung bedarf nicht der gesetzlichen Schriftform


Mit Beschluss vom 23.10.2017 hat das Kammergericht Berlin – 8 U 91/17 – entschieden, dass die Ausübung eines Optionsrechtes auf Verlängerung des Mietverhältnisses nicht der Schriftform des § 550 BGB unterliegt.

Der Vermieter von Gewerberäumen klagt auf Räumung und Herausgabe. Der Mieter macht geltend, das Mietverhältnis habe sich durch Ausübung einer Option um 5 Jahre verlängert. Der Vermieter meint, die Optionserklärung sei unwirksam, weil sie per Telefax und somit nicht in der gesetzlichen Schriftform erfolgt sei. Das Kammergericht Berlin ist aber anderer Auffassung und entscheidet, dass die Ausübung eines Optionsrechts auf Verlängerung des Mietverhältnisses nicht der Schriftform des § 550 BGB unterliegt.

Der Mietvertrag sieht vor, dass der Mieter das Mietverhältnis einmal um weitere 5 Jahre verlängern kann, wenn von dem Optionsrecht spätestens 6 Monate vor Ablauf der Festlaufzeit Gebrauch gemacht wird. Der Mietvertrag enthält kein Formerfordernis. Das Optionsrecht wird rechtzeitig per Telefax ausgeübt. Das Kammergericht sieht dies als ausreichend und wirksam an. Der strengen Schriftform des § 126 BGB, für die ein Telefax mangels eigenhändiger Unterzeichnung unzureichend wäre, bedurfte es für die Ausübung der Verlängerungsoption nicht. Die vertraglich vereinbarte Verlängerungsoption gewährt der begünstigten Mietvertragspartei das Gestaltungsrecht, durch einseitige, empfangsbedürftige Erklärung den bestehenden Mietvertrag über den zeitlichen Ablauf hinaus um die in der Optionsklausel vereinbarte Frist oder auf unbefristete Zeit zu verlängern. Durch die Ausübung kommt kein neuer Vertrag zu Stande. Vielmehr wirkt sie unmittelbar auf das bestehende Mietverhältnis ein, indem sie mit ihrer Gestaltungswirkung die ursprünglich vereinbarte Vertragslaufzeit ändert und ihr einen neuen Zeitabschnitt hinzufügt. Im Übrigen wird der Mietvertrag aber mit demselben Vertragsinhalt fortgesetzt und die Identität des Vertrags bleibt erhalten. Entsprechend bewirkt die Ausübung einer Verlängerungsoption keine Änderung der vertraglichen Beziehungen, die einen Neuabschluss des Mietvertrags darstellt. Deshalb bedarf eine Optionsausübung nach herrschender Auffassung nicht der Schriftform des § 550 BGB (so etwa Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, II Rn. 436; Neuhaus, Handbuch der Geschäftsraummiete, Kap. 5 Rn. 187; Ghassemi-Tabar, Gewerberaummiete, § 550 BGB Rn. 66; anderer Auffassung allerdings Münchener Kommentar, BGB, § 535 BGB Rn. 27; Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 542 BGB Rn. 188; OLG Köln NZM 2006, 464).

Der Bundesgerichtshof hat bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass es eine Reihe von Fallgestaltungen gibt, in denen § 550 BGB den Zweck, einem späteren Grundstückserwerber Klarheit über die Bedingungen eines langfristigen Mietvertrages zu verschaffen, in den er kraft Gesetzes eintritt, nicht umfassend gewährleisten kann. Sinn und Zweck der Schriftform ist es nämlich nicht, ihm Gewissheit zu verschaffen, ob der Mietvertrag wirksam zustande gekommen ist (BGH NJW 2010, 1518 Tz.14) und im Zeitpunkt des Eigentumsübergangs noch besteht oder etwa von den Mietvertragsparteien mündlich aufgehoben ist. Dies gilt also auch für die einem Grundstückserwerber wichtige Kenntnis, bis zu welchem Zeitpunkt ein langfristiges Mietverhältnis besteht. Enthält die Mietvertragsurkunde eine Verlängerungsoption zu Gunsten des Mieters, kann der Grundstückserwerber der Urkunde nicht entnehmen, ob der Mieter diese Option vor dem Eigentumsübergang ausgeübt hat oder nicht, so dass Ungewissheit darüber bestehen kann, ob das Mietverhältnis bald enden oder gegebenenfalls noch jahrelang fortbestehen wird. Der Erwerber des Grundstücks ist aber durch die aus der Urkunde ersichtliche Verlängerungsoption hinreichend gewarnt, so dass es ihm zuzumuten ist, sich gegebenenfalls bei dem Verkäufer oder bei dem Mieter zu erkundigen (BGH NZM 2013, 759). Da die Ausübung der Verlängerungsoption keine Änderung der vertraglichen Bedingungen bedeutet und die Option nicht Bestandteil der von § 550 BGB geforderten Vertragsurkunde sein kann (BGH NZM 2014, 308 Tz.29) bedarf sie auch im Nachhinein nicht der Schriftform des § 550 BGB. Der Erwerber ist hinreichend dadurch geschützt, dass aus dem schriftlichen Mietvertrag die Vereinbarung über die Verlängerungsoption zu entnehmen ist und er zur tatsächlichen Ausübung Erkundigungen einholen kann.