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BGH, Urteil vom 16.07.2021 – V ZR 284/19 – “Nutzung einer Teileigentumseinheit zu Wohnzwecken ausnahmsweise zulässig“
Die Nutzung einer Teileigentumseinheit zu Wohnzwecken ist bei typisierender Betrachtungsweise jedenfalls dann nicht störender als die vorgesehene Nutzung und deshalb zulässig, wenn es an einer einschränkenden Zweckbestimmung für das Teileigentum fehlt, die Teileigentumseinheit in einem separaten Gebäude (mit getrennter Kostenregelung) gelegen ist und auch die übrigen Sonderrechnungseinheiten ausschließlich der Wohnungsnutzung dienen, entschied der Bundesgerichtshof.
Eine WEG nimmt einen Wohnungseigentümer auf Unterlassung der Nutzung seiner Teileigentumseinheit als Wohnung in Anspruch. Zwar kann grundsätzlich eine Unterlassung verlangt werden, wenn ein Eigentümer seine ihm als Teileigentum zugewiesene Einheit zu Wohnzwecken oder umgekehrt eine ihm als Wohnungseigentum zugewiesene Einheit zu anderen Zwecken nutzt, dies gilt jedoch nicht, wenn bei typisierender Betrachtung die tatsächliche Nutzung mehr stört als die in der Gemeinschaftsordnung vorgesehene. Vorliegend hat der Bundesgerichtshof eine solche Störung verneint. Zwar hieß es in der Gemeinschaftsordnung, dass die Teileigentumseinheit ein „Lagerraum“ ist. Die nächstliegende Auslegung ergibt nach Ansicht des BGH, dass es sich hierbei nur um eine zur Zeit der Aufteilung ausgeübte Nutzung gehandelt hat daher in dieser Einheit des Beklagten jede Nutzung möglich ist, die in einer Teileigentumseinheit zulässiger Weise ausgeübt werden kann. Daher ist bei dem Vergleich, ob bei typisierender Betrachtung die Nutzung der Einheit des Beklagten als Wohnung mehr stört als eine sonstige Nutzung nicht nur von einem Lagerraum auszugehen, vielmehr sind alle gewerblichen Nutzungen einzubeziehen, zu denen sich die Einheit eignet und nach der Teilungserklärung ausgebaut werden darf.
Eine Wohnungsnutzung ist im Vergleich zu einer gewerblichen Nutzung bei wertender Betrachtung im streitgegenständlichen Fall auch nicht regelmäßig als störender anzusehen. Zwar hat der Bundesgerichtshof 2018 (V ZR 307/16) entschieden, dass die Nutzung einer Teileigentumseinheit als Wohnung in einem Ärztehaus bei typisierender Betrachtung störender ist, jedoch verhält es sich im vorliegenden Fall anders, wenn die übrigen Einheiten ebenfalls als Wohnung genutzt werden. Denn erforderlich ist stets der Vergleich mit der erlaubten und der tatsächlichen Nutzung in der konkreten Anlage. Störender ist die Wohnungsnutzung trotzdem jedenfalls dann, wenn der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im Vergleich zu einer Nutzung als Teileigentum höhere Kosten entstehen oder die Gefahr der erheblich intensiveren Nutzung von Gemeinschaftsflächen besteht. Der Bundesgerichtshof nimmt an, dass selbst, wenn die Anlage in einem reinen Wohngebiet liegen würde, kleinere Betriebe des Beherbergungsgewerbes z.B. eine Pension unter bestimmten Voraussetzungen zulässig wären. In diesem Fall wäre die Wohnungsnutzung der Beklagten nicht als störender anzusehen. Auch höhere Kosten würden im vorliegenden Fall nicht entstehen, da die Teilungserklärung regelt, dass die Kosten der Inhaber von Wohnungseigentumsrechten und Inhaber von Teileigentumsrechten weitgehend getrennt behandelt werden. Nachdem auch die übrigen Einheiten nur als Wohnung genutzt werden, können Unzuträglichkeiten, die mit einer gemischten Nutzung verbunden sind auch nicht auftreten, so der BGH. Zudem befindet sich die Teileigentumseinheit in einem besonderen Gebäude, sodass die Gefahr von intensiverer Nutzung von Gemeinschaftsflächen nicht besteht.
Die Nutzung einer Teileigentumseinheit zu Wohnzwecken ist daher in engen Grenzen zulässig, die aber nur in seltenen Fällen eingehalten werden. Es ist stets die Prüfung des Einzelfalles notwendig.