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BGH, Beschluss vom 09.03.2016 – XII ZB 693/14 – “Nichteheliche Lebensgemeinschaft und Elternunterhalt


Der Bundesgerichtshof hatte in einem Beschluss vom 09.03.2016 – XII ZB 693/14 (NJW 2016, 1511 ff.) Gelegenheit eine Abgrenzung zwischen der Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem anderen Elternteil, wegen Betreuung eines gemeinsamen, nichtehelichen minderjährigen Kindes gemäß § 1615 l BGB und dem Elternunterhalt vorzunehmen.

In dem zu entscheidenden Fall wurde ein Mann durch das Sozialamt aus übergegangenem Recht auf Elternunterhalt für seinen Vater in Anspruch genommen. Der grundsätzlich unterhaltsverpflichtete Sohn lebt mit einer geschiedenen Frau zusammen, welche aus der geschiedenen Ehe zwei minderjährige Kinder hat, welche im Haushalt wohnen und darüber hinaus auch ein gemeinsames minderjähriges Kind betreut, das im streitigen Zeitraum älter als 3 Jahre war. Auf dieser Grundlage waren verschiedene Fragen zu klären.

Zunächst wurde der Grundsatz bekräftigt, dass die Verpflichtung zum Elternunterhalt grundsätzlich schwächer ausgebildet ist als andere Unterhaltstatbestände. Weiter wurde bekräftigt, dass ein unterhaltsverpflichtetes Kind regelmäßig nicht verpflichtet ist, seinen bisherigen Lebensstil aufgrund des Elternunterhalts einzuschränken, soweit jedenfalls kein „nach den Verhältnissen unangemessener Aufwand betrieben oder ein Leben in Luxus geführt wird.“ Weiter wurde bekräftigt, dass ein nach den konkreten Lebensverhältnissen angemessener Lebensbedarf, welcher vorrangig abzusichern ist, ermittelt werden muss, gemäß § 1603 BGB.

Es wurde sodann ausgeführt, dass im Rahmen dieses Lebensbedarfes auch die Verpflichtung zum Unterhalt gegenüber dem betreuenden Elternteil eines gemeinsamen minderjährigen Kindes gemäß § 1615 l BGB Berücksichtigung findet. Allerdings ist ein solcher Unterhaltsanspruch über das dritte Lebensjahr hinaus nur bei so genannten kindsbezogenen Gründen (welche nach der Entscheidung nicht vorlagen) oder elternbezogenen Gründen gegeben. Anders als die Vorinstanzen hat der Bundesgerichtshof jedoch aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Kindesbetreuung die Möglichkeit entsprechender elternbezogene Gründe gesehen für eine solche Unterhaltsverpflichtung über das dritte Lebensjahr hinaus. Insoweit wurde die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.

Nach den weiteren Gründen der Entscheidung kommt es auf Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie Erwerbsmöglichkeiten des betreuenden Elternteils sowie auch die konkreten Betreuungsmöglichkeiten für das gemeinsame minderjährige Kind an. Soweit die Berufstätigkeit des betreuenden Elternteils, im konkreten Fall durch die weiteren minderjährigen Kinder im Haushalt, welche jedoch aus früherer Beziehung (Ehe) stammten, bereits eingeschränkt ist, kann ein Unterhaltsbedarf beim Elternunterhalt nur anteilig berücksichtigt werden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes muss gerade im Elternunterhalt auf den jeweils konkreten Fall, die diesbezügliche Darstellung der Umstände, große Sorgfalt verwandt werden.