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Bundesgerichtshof, Urteile vom 14.02.2025 – V ZR 236/23 und V ZR 128/23 – „Neues zu Beschlüssen über abweichende Kostentragung“


In zwei Urteilen vom 14.02.2025 hat der Bundesgerichtshof Vorgaben zu den Voraussetzungen gemacht, nach welchen die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft einen Beschluss über eine von der Gemeinschaftsordnung abweichende Kostentragung fassen können.

In einem der vom Bundesgerichtshof zu entscheidenden Fälle war die Klägerin Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Zu der Anlage gehörte eine Tiefgarage mit 15 Stellplätzen. Die Nutzung der Stellplätze wird ausschließlich bestimmten Wohneinheiten zugewiesen, die nach der Gemeinschaftsordnung auch die Kosten für die Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums in und an der Garagenhalle zu tragen haben. Die Klägerin verfügt über kein Sondernutzungsrecht an einem solchen Stellplatz. Im April 2022 beschlossen die Wohnungseigentümer, das Dach der Garage zu sanieren und entgegen der Regelung in der Gemeinschaftsordnung die Kosten auf sämtliche Wohnungseigentümer im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile umzulegen. Die Klägerin war verständlicherweise mit einem solchen Beschluss nicht einverstanden und erhob Anfechtungsklage. Die Klägerin hatte vor dem Amtsgericht und Berufungsgericht Erfolg. Der Bundesgerichtshof teilt die Ansicht der Vorinstanz nicht, hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an dieses zurückgewiesen.

Zunächst bestätigt der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung, dass nach dem reformierten Wohnungseigentumsrecht die Wohnungseigentümer über eine Beschlusskompetenz verfügen, über eine anderweitige Kostentragung zu entscheiden, auch wenn der Kreis der Kostenschuldner verändert wird. Bei einer vereinbarten objektbezogenen Kostentrennung wird es in der Regel ordnungsgemäßer Verwaltung widersprechen, durch Beschluss auch die übrigen Wohnungseigentümer an den auf diesen Gebäudeteil (hier nämlich die Tiefgarage) entfallenden Kosten zu beteiligen. Bei einer typisierenden Betrachtung ist nämlich davon auszugehen, dass die vereinbarte Kostentrennung für die konkrete Anlage grundsätzlich angemessen ist. In solchen Fällen (d. h. bei einer in der Gemeinschaftsordnung vereinbarten objektbezogenen Kostentrennung) bedarf es damit eines sachlichen Grundes, damit die Kosten auf alle Wohnungseigentümer verteilt werden dürfen.

Wann ein solcher sachlicher Grund vorliegt, hängt von der jeweiligen Fallgestaltung ab und lässt sich nicht abschließend vorgeben. So kann ein sachlicher Grund vorliegen, wenn die Kosten der Beseitigung solcher Schäden dienen, die von dem übrigen Gemeinschaftseigentum außerhalb der Tiefgarage herrühren. Auch kann ein sachlicher Grund gegeben sein, wenn das Problem, für dessen Beseitigung die Kosten anfallen, sich auf die gesamte Wohnanlage erstreckt. Kein sachlicher Grund liegt dagegen vor, wenn diese Kosten Teile des Gemeinschaftseigentum betreffen, die auch für das übrige Gemeinschaftseigentum wie die Statik von Bedeutung sind. Dies muss im Einzelnen das Berufungsgericht klären, weshalb eine Zurückweisung an dieses erfolgt ist.

In dem zweiten Urteil des Bundesgerichtshofes war die Klägerin ebenfalls Mitglied einer beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Zu dieser Anlage gehören neben den Gewerbeeinheiten der Klägerinnen 30 Wohnungseigentumseinheiten sowie insgesamt 25 Garagen bzw. Stellplätze für die jeweils auch Teileigentum begründet worden ist. In der Teilungserklärung ist vereinbart, dass öffentliche Abgaben, Betriebskosten und Instandsetzungskosten jeweils nach Miteigentumsanteilen getragen werden. Für die Heizungskosten wird eine Umlage nach dem Verhältnis der beheizten Wohnfläche geregelt. Der in der Teilungserklärung ausgewiesene Miteigentumsanteil ist bezogen auf die Grundfläche bei den Wohnungen etwa viermal größer als bei den Gewerbeeinheiten. So entspricht bei den Wohneinheiten 1/100 Miteigentumsanteil etwa 25 m² Wohnfläche, bei den Gewerbeeinheiten sind es etwa 100 m². In einer Eigentümerversammlung aus dem Jahr 2021 wurde beschlossen die aktuell nach den Miteigentumsanteilen umgelegten Kosten künftig nach der beheizbaren Wohnfläche zu verteilen und diesen Schlüssel auch für die Zuführung zu der Erhaltungsrücklage anzuwenden.

Gegen diesen Beschluss erhoben die Klägerin Anfechtungsklage. Auch in diesem Fall hatte die Klägerin in den Vorinstanzen Erfolg. Der Bundesgerichtshof bestätigt die Entscheidung der Vorinstanzen und weist die Revision zurück.

Denn die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung wurden eingehalten. Auch in diesem Urteil bestätigt der Bundesgerichtshof, dass die Wohnungseigentümer nach § 16 Abs. 2 S. 2 WEG eine Beschlusskompetenz haben, einen Verteilungsschlüssel auch für die Zuführung zur Rücklage zu ändern. Nach § 16 Abs. 2 S. 2 WEG können die Wohnungseigentümer für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine abweichende Verteilung beschließen. Umstritten war bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofes, was die Formulierung „bestimmte Arten von Kosten“ meint. Der Bundesgerichtshof hat jetzt entschieden, dass diese Formulierung lediglich das ohnehin für Beschlüsse geltende Bestimmtheitserfordernis nur hervorhebt und keine darüberhinausgehenden Anforderungen begründet. Dieses Bestimmtheitserfordernis ist bei der Beschlussfassung eingehalten worden.

Der Bundesgerichtshof bestätigt auch die Ansicht des Landgerichtes, dass die Änderung des Verteilungsschlüssels ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Nach dem alten Wohnungseigentumsrecht (§ 16 Abs. 3 WEG a.F.) entsprach eine Änderung einer vereinbarten Verteilung von Betriebskosten, die bestimmte Wohnungseigentümer privilegierte, ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn es für die vereinbarte Privilegierung keinen sachlichen Grund gab. Das gilt nunmehr nach neuem Recht für die nach § 16 Abs. 2 S. 2 WEG eröffnete Änderung des Verteilungsschlüssels gleichermaßen. Vorliegend war die Würdigung des Landgerichtes, dass der in der Teilungserklärung aufgenommene Verteilungsschlüssel, die Gewerbeeinheiten unbillig privilegierte (die Gewerbeeinheiten waren gemessen an der Fläche mit nur 1/4 an Kosten beteiligt), nicht zu beanstanden. Für diese Privilegierung gab es damit keinen sachlichen Grund, sodass im Beschlusswege diese Privilegierung geändert werden durfte.