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Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 29.03.2022 – 3 U 118/20 – “Nebenkosten für das kaufmännische und technische Management sowie für Verwaltung und Betreuung“


Mit einem von uns erstrittenen Urteil vom 29.03.2022 – 3 U 118/20 – hat das Brandenburgische Oberlandesgericht entschieden, dass ein Mieter Anspruch auf Rückzahlung der für das „kaufmännische und technische Management“ sowie die „Verwaltung und Betreuung“ auf ihn umgelegten Nebenkosten hat, die sich im konkreten Fall für mehrere Jahre auf immerhin mehr als EUR 150.000,00 netto beliefen. Das Oberlandesgericht führt aus, dass die im Mietvertrag enthaltene entsprechende Klausel, wonach der Mieter „die Nebenkosten für das Gesamtobjekt (ohne Beschränkung auf die in der Betriebskostenverordnung aufgeführten Kosten, aber diese gleichzeitig voll erfassend)“, insbesondere auch die Kosten für „kaufmännisches und technisches Management, Verwaltung und Betreuung …. einschließlich der Gestellung und Unterbringung des hierfür erforderlichen Personals (einschließlich üblicher Personal Neben- und -zusatzkosten) sowie der erforderlichen Sachaufwendungen“ zu tragen habe, unwirksam ist, da diese Formularklausel gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB verstößt.

Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen sind nach Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten der Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dazu gehört auch, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen wirtschaftliche Nachteile und Belastungen soweit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (BGH, Urteil vom 10.09.2014, XII ZR 56/11, NJW 2014, 3722). Maßgeblich für die Beurteilung der Transparenz einer Vertragsklausel sind die Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders (das ist in der Regel der Vermieter) im Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Dabei sind Allgemeine Geschäftsbedingungen nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden (vgl. BGH Urteil vom 23.02.2011, XII ZR 101/09, juris Rn. 10).

Dies zugrunde gelegt ist die vorstehend zitierte Klausel insgesamt nach § 307 Abs. 1 S. 1, 2 BGB unwirksam. Zwar kann der gewerbliche Vermieter nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Kosten der „Verwaltung“ des Mietobjekts grundsätzlich auf den Mieter umlegen und ist auch eine Umlage von „Kosten der kaufmännischen und technischen Hausverwaltung“ des Mietobjekts in der Regel hinreichend bestimmt im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 2 BGB, weil zur Ausfüllung des Begriffs der Verwaltungskosten auf die im wesentlichen übereinstimmenden Definitionen in § 1 Abs. 2 Nr. 1 Betriebskostenverordnung und § 26 Abs. 1 der II. Berechnungsverordnung zurückgegriffen werden kann. Dass diese Regelungen für die Geschäftsraummiete nicht einschlägig sind, steht ihrer Heranziehung als Hilfsmittel zur näheren Bestimmung der umlegbaren Kosten nicht entgegen (BGH Urteil vom 09.12.2009, XII ZR 109/08, BGHZ 183, 299 ff. Rn. 24; BGH Urteil vom 26.09.2011, XII ZR 112/10, juris Rn. 25). Eine Klausel, die eine Umlage der Kosten eines Centermanagers oder die „Kosten für das Management“ eines Einkaufszentrums vorsieht, ist jedoch intransparent, da sie nach dem Wortlaut nicht nur Tätigkeiten der Hausverwaltung, sondern sogar die Anwalts-, Steuer- und Unternehmensberatung des Vermieters im Zusammenhang mit der Objektvermietung umfassen kann, nach Grund und Höhe unbestimmt ist und den gewerblichen Mieter aus diesem Grund unangemessen benachteiligen. Die Anwendung einer solchen Klausel kann auch nicht auf einen wirksamen Teil (Verwaltungskosten) reduziert werden (BGH a.a.O; OLG Düsseldorf Urteil vom 21.07.2011, 27 U 153/10, WuM 2012, 203). Wenn vorliegend der Begriff „kaufmännisches und technisches Management“ verwendet wird, könnte man diesen allenfalls dann im Sinne einer „kaufmännischen und technischen Hausverwaltung“ verstehen, wenn nicht, wie hier, zusätzlich noch die Kosten der „Verwaltung und Betreuung“ umgelegt werden sollen. Dass der Begriff der „Verwaltung“ neben dem „Management“ verwendet wird, zeigt hingegen, dass zusätzlich zu den Verwaltungskosten andere, nicht mit der eigentlichen Hausverwaltung verbundene „Management“-Kosten umgelegt werden sollen, deren Art und Umfang aus den genannten Gründen für den Mieter nicht transparent sind. Ebenso intransparent ist der Begriff der „Betreuung“ des Objekts, denn es ist nicht ersichtlich, welche zusätzlichen Kosten davon erfasst und angefallen sein sollen (vgl. das ebenfalls von uns erstrittene Urteil OLG Dresden, Urteil vom 17.11.2017, 5 U 153/17, Seite 13).

Die Intransparenz der dargestellten Regelung bezieht sich vorliegend auch auf die Abrechnung der daneben aufgeführten „Verwaltungskosten“. Zwar trifft es zu, dass der Bundesgerichtshof den Begriff der Verwaltungskosten grundsätzlich als hinreichend transparent ansieht, soweit zu seiner Ausfüllung deren gesetzliche Definition in § 1 Abs. 2 Nr. 1 Betriebskostenverordnung herangezogen werden kann. So liegt der Fall hier aber gerade nicht, weil die mietvertragliche Formularklausel ausdrücklich regelt, dass die Abrechnung der vereinbarten Nebenkosten ihrem Umfang nach – und damit auch mit Blick auf den Umfang der Verwaltungskosten – nicht auf die in der Betriebskostenverordnung aufgeführten Kosten beschränkt sein solle und die Kosten der Verwaltung auch entsprechend umfassender definiert, indem davon auch die Kosten „der Gestellung und Unterbringung des hierfür erforderlichen Personals (einschließlich üblicher Personalneben- und -zusatzkosten) sowie der erforderlichen Sachaufwendungen“ mit erfasst sein sollen. Um welche „üblichen“ Neben- und Zusatzkosten es sich in diesem Zusammenhang handelt, wird im Rahmen des Mietvertrags allerdings nicht weiter definiert, sodass sich die entsprechende Regelung ihrerseits als intransparent erweist. Für eine teilweise Aufrechterhaltung der entsprechenden Formularklausel (vgl. dazu BGH, Urteil vom 26.09.2012, 12 ZR 112/10, juris Rn. 27) ist vor diesem Hintergrund kein Raum.

Keinen Erfolg hatte der Vermieter mit seinem Argument, die Mieterin könne sich nicht auf die Intransparenz der Klauseln berufen, da es sich bei der Mieterin um einen bundesweit agierenden „Immobilien-Profi“ handle. Dieser Gesichtspunkt ist rechtlich unerheblich, denn auch aus der Sicht eines mit Gewerbemietverträgen vertrauten Geschäftstreibenden ergibt sich kein weitergehendes Verständnis der Vertragsklauseln, abgesehen davon, dass bei der Auslegung von Formularklauseln generell allein auf die Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders abzustellen ist. Verstöße gegen das Transparenzgebot entsprechen zudem nicht den Gepflogenheiten des Handelsverkehrs im Sinne von § 310 Abs. 1 S. 2 BGB und führen daher auch gegenüber einem Unternehmer zur Unwirksamkeit Allgemeiner Geschäftsbedingungen. Dies gilt auch dann, wenn der mit den Geschäftsbedingungen konfrontierte Unternehmer eine bedeutende Marktstellung innehat, aufgrund derer er von vornherein hätte versuchen können, andere Vertragsbedingungen auszuhandeln (BGH Urteil vom 26.09.2012, XII ZR 112/10 Rz. 11; NJW 2012, 54 Rn. 16; ebenso Landgericht Potsdam in einem von uns erstrittenen Urteil vom 20.10. 2020, 51 O 38/19, Seite 9). Denn die Verantwortung für den Inhalt von Allgemeinen Geschäftsbedingungen liegt bei dem Klauselverwender (vgl. BGH Urteil vom 26.09.2012, XII ZR 112/10 a.a.O).

Unerheblich war ferner, dass der Vermieter die Tätigkeiten des Centermanagers, des Deputy Managers, des Marketingmanagers und der Chefsekretärin nachträglich transparent gemacht hat, indem er die Stellenbeschreibungen für diese Mitarbeiter vorgelegt hat. Auch insoweit ist nämlich auf die dem Vertragspartner des Verwenders im Zeitpunkt des Vertragsschlusses erkennbaren tatsächlichen Verhältnisse abzustellen (BGH Urteil vom 10.09.2014, a.a.O) und nicht auf spätere Erläuterungen, aus denen sich im Übrigen nicht zwingend ergibt, dass sich die abgerechneten Tätigkeiten der entsprechend eingesetzten Personen im Rahmen der jeweiligen Stellenbeschreibung hält.