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OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.09.2019 – I-24 U 197/18 – “Mietminderung wegen zu hohen Raumtemperaturen“
Das Oberlandesgericht Düsseldorf befasste sich im Urteil vom 12.09.2019 – I-24 U 197/18 – mit einem „Klassiker“, nämlich der Frage, ob eine Mietminderung bei zu hohen Raumtemperaturen in Betracht kommt. Zwar kann die Aufheizung von Räumen durchaus einen Mangel der Mietsache darstellen. Jedoch sind bereits die Anforderungen an eine substantiierte und damit prozessual beachtliche Darlegung des Mangels der Mieträume sehr hoch. Daran scheitern fast alle Mieter.
Gegenstand des Mietvertrags sind Räume, die als Ladengeschäft zum Verkauf von Modeartikeln genutzt werden. Das Geschäftshaus, in dem sich die Mieträume befinden, verfügt über eine Lüftungsanlage, die auf dem Dach mit einem sogenannten Kalt-Wasser-Aufsatz verbunden ist. Aufgrund dessen kann gekühlte Luft in die Mieteinheiten geblasen werden. Ab Mai 2016 traten Störungen an der Lüftungsanlage auf, deren Umfang zwischen den Mietvertragsparteien streitig ist. Der Mieter rügte mit Schreiben vom 11.05.2016 einen Defekt der Lüftungsanlage und zeigte an, dass die Lüftung „viel Wärme“ und wenig kühle Luft ausgibt. Es wurde um Abhilfe gebeten. Mit E-Mail vom 25.07.2018 teilte der Mieter dem Vermieter mit, dass rückwirkend für die Monate Juni und Juli die Ladenmiete um 30 % gekürzt werde und dieser Betrag mit der Augustmiete in Abrechnung gebracht werde. In der Folgezeit minderte der Mieter auch die Miete für August 2016 bis Dezember 2016.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf entscheidet, dass der Mieter zur Minderung der Miete nicht berechtigt ist. Eine Minderung in den Monaten Oktober bis Dezember 2016 scheide aus, denn in diesen Monaten sei die Raumtemperatur selbst nach dem eigenen Vortrag des Mieters nicht zu hoch gewesen. Eine Minderung kann sich nur auf die Zeiträume beziehen, die von der Gebrauchsbeeinträchtigung betroffen sind. Wirkt sich ein Mangel nur periodisch auf die Gebrauchstauglichkeit der Mieträume aus, ist der Mietzins auch nur in dieser Zeit kraft Gesetzes herabgesetzt. Eine rückwirkende Minderung der Mieten für Mai, Juni und Juli 2016 kommt ebenfalls nicht in Betracht, nachdem der Mieter die Miete ohne Vorbehalte zahlte. Ernsthaft diskutieren konnte man demnach nur darüber, ob in den Monaten August und September 2016 die Gebrauchstauglichkeit durch Wärmeeinwirkungen nicht nur unerheblich eingeschränkt gewesen ist und deshalb zu einer Minderung der Miete führte. Der Einwand des Mieters, die Räume hätten sich zu stark aufgeheizt, war jedoch prozessual unbeachtlich, da der Mieter die Beeinträchtigung des Gebrauchs in tatsächlicher Hinsicht nicht substantiiert dargelegt hatte. Hierfür muss ein Mieter konkret ausführen, an welchen Tagen Temperaturverhältnisse herrschten, die auf einen Mangel der Mieträume zurückzuführen sind. Dazu genügte die pauschale Behauptung des Mieters nicht, in dem Zeitraum von „Mai bis September 2016“ habe die Innentemperatur „bei 30 bis über 40 Grad gelegen“. Nicht genügend war auch der Sachvortrag, die Temperaturerhöhungen seien „durchgehend“ gewesen. Nicht jeder Sommer verläuft gleich warm und sonnig und das Klima ist auch in warmen Sommern nicht an jedem Tag gleich. Deshalb bedarf es präziser Angaben über die konkreten Raumtemperaturen und der damit korrespondierenden Außentemperaturen, jedenfalls soweit ein Mangel aus dem Nichteinhalten eines Abstands zwischen Außen- und Innentemperatur hergeleitet werden soll. Nach zutreffender Auffassung des Oberlandesgerichts Düsseldorf müssen die Außentemperaturen in allen Fällen beachtet werden. Die Innentemperaturen allein sind für die Annahme, ob ein Mangel vorliegt oder nicht, nicht aussagekräftig. Insbesondere im Hinblick auf die Klimaerwärmung und der insoweit festgestellten und auch zukünftig prognostizierten Erhöhungen der Temperaturen würde das Risiko einer Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit allein dem Vermieter überbürdet. Selbst bei einem dem Stand der Technik entsprechenden Gebäude können sich bei hohen Außentemperaturen auch die Innentemperaturen auf mehr als 26° erhöhen. Bedenkt man, dass im Juli 2019 an mehreren Orten in Deutschland Temperaturen von mehr als 40 Grad erreicht wurden, so drängt sich geradezu auf, dass den Außentemperaturen ein erhebliches Gewicht beizumessen ist. Ist wie im entschiedenen Fall keine Klimatisierung durch eine Klimaanlage mietvertraglich vereinbart, bei welcher die Temperatur gradgenau eingestellt werden kann, sondern besteht lediglich eine Luftkühlung durch einen sogenannten Kalt-Wasser-Aufsatz oder eine vergleichbare Einrichtung, so lässt sich bei entsprechend hohen Außentemperaturen eine Erhöhung auf über 26 Grad kaum vermeiden. Entsprechendes gilt, wenn eine Klimaanlage eingebaut wurde, die bei exorbitanten und ungewöhnlich hohen Außentemperaturen eine niedrigere Temperatur als 26 Grad nicht zu erreichen vermag. Hier ist zudem zu beachten, dass den Mietern bei Abschluss des Mietvertrags die großen Schaufensterfronten bekannt waren sowie der Umstand, dass durch diese keine Belüftung erfolgen konnte. Die Mieter haben demgemäß damit rechnen müssen, dass sich bei Sonneneinstrahlung die Innenräume stark aufheizen können. Da die Mieter zu den Außentemperaturen nichts Konkretes vorgetragen hatten, war ihr gesamter Verteidigungsvortrag unschlüssig und damit prozessual unbeachtlich. Das vorgelegte Temperaturprotokoll mit der alleinigen Angabe von Innentemperaturen und mehreren Lichtbildern von Thermometer genügte nicht.