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BGH, Urteil vom 15.12.2021 – VIII ZR 66/20 – “Mieter darf Originale einsehen“


Ein Mieter kann hinsichtlich der bei einer Betriebskostenabrechnung vom Vermieter geschuldeten Belegvorlage grundsätzlich Einsicht in die Originale der Abrechnungsbelege verlangen, entschied der BGH in einem Urteil vom 15.12.2021. § 259 Abs. 1 BGB spricht nicht von Kopien, weshalb Einsicht in die Originale der Unterlagen geschuldet ist. Zudem sind die Belege vorzulegen, die dem Rechenschaftspflichtigen und demnach dem Vermieter selbst vorliegen, mithin die Originale. Originale brauchen dabei nicht solche in Papierform zu sein. Denn wenn dem Vermieter und seinen Dienstleistern ausschließlich Belege in digitaler Form vorgelegt werden, mangelt es an der Papierform. Vom Vermieter gefertigte Kopien sind Originalbelegen auch nicht gleichzustellen. Der Mieter soll in den Stand versetzt werden, die Ordnungsgemäßheit der Verwaltung zu überprüfen und bei Missständen Ansprüche geltend machen zu können. Zur Prüfung sind in erster Linie Originalunterlagen uneingeschränkt geeignet, selbst wenn diese vielfach durch Kopien ersetzbar sein mögen, so der Bundesgerichtshof.

Da der Bundesgerichtshof bereits wiederholt entschieden hat, dass ein Mieter bei der Einsicht in die Abrechnungsunterlagen kein besonderes Interesse darzulegen hat und vielmehr ein allgemeines Interesse des Mieters an der Kontrolle des Vermieters genügt, bedarf es auch keines besonderen Interesses daran, gerade die Originalunterlagen einsehen zu wollen. Schließlich hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass der Mieter auch keinen Anspruch darauf hat, dass ihm Kopien überlassen werden. Vielmehr kann der Vermieter auf die Einsicht bei ihm verweisen (BGH, VIII ZR 78/05), um hierdurch den zusätzlichen Aufwand für den Vermieter zu vermeiden und dem Mieter mögliche Unklarheiten in einem Gespräch sofort zu erläutern. Dies gilt auch für den umgekehrten Fall, wenn der Mieter keine Kopien übersandt haben, sondern Originalbelege einsehen will.

In Ausnahmefällen kann es nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) allerdings in Betracht kommen, dass der Vermieter lediglich die Vorlage von Kopien oder Scanprodukten schuldet.

Ein Ausnahmefall, in dem der Vermieter nicht Einsichtnahme in die Originalbelege schuldet, kommt beispielsweise dann in Betracht, wenn der Vermieter seinerseits von seinem Dienstleister entsprechende Belege nur in digitaler Form erhalten hat. Darüber hinaus kann aufgrund besonderer, vom Tatrichter zu würdigenden Umstände des Einzelfalls anzunehmen sein, dass dem Vermieter ausnahmsweise nicht zugemutet werden kann, dem Mieter Einsicht in vorhandene Originalunterlagen zu gewähren. Wann ein solcher Fall vorliegt, hat der Bundesgerichtshof nicht entschieden, da es sich um eine Einzelfallfrage handelt, die von den erst- wie zweitinstanzlichen Gerichten festgestellt werden müssen.