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Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.07.2023 – V ZR 215/21 – „Widerruf beim Verbraucherbauvertrag“


In einem vom BGH entschiedenem Fall bestand die betroffene Wohnungseigentümergemeinschaft lediglich aus zwei Mitgliedern. Die Klägerin verfügt über 400/1000 Miteigentumsanteile und der Beklagte über 600/1000 Miteigentumsanteile.

In einer Eigentümerversammlung vom 07.09.2020 wurde unter anderem der Beklagte mit seinen Stimmen zum Verwalter bestellt, wobei es sich um keinen professionellen Verwalter handelt. Die Klägerin hat diesen Beschluss angefochten. Der Bundesgerichtshof folgt der Ansicht des Berufungsgerichtes nicht, wonach der Beschluss nicht zu beanstanden ist. Er entscheidet, dass zwar der Mehrheitseigentümer, der zum Verwalter bestellt worden ist, nicht vom Stimmrecht ausgeschlossen ist. Die Belange der Klägerin als Minderheit sind in einem solchen Fall aber unter anderem durch den stets zu beachtenden Grundsatz von Treu und Glauben und den Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung zu wahren, so der Bundesgerichtshof. Jedenfalls versteht sich in einem solchen Fall nicht von selbst, dass sich ein Mehrheitseigentümer, der nicht professioneller Verwalter ist, gegen den Willen der Minderheit selbst zum Verwalter bestellen darf. Eine solche Bestellung würde ordnungsgemäßer Verwaltung in der Regel nicht entsprechen, wenn z. B. ein professioneller Verwalter zur Verfügung steht oder der Mehrheitseigentümer persönlich und fachlich nicht geeignet ist. Der Bundesgerichtshof zweifelt auch daran, dass der Mehrheitseigentümer gegen den Willen der Minderheit für die höchstmögliche Bestellungszeit und von fünf Jahren bestellt werden darf, hierfür müssen besondere Gründe vorliegen, so der Bundesgerichtshof. Da das Berufungsgericht hierzu nichts feststellte, wurde das Urteil des Berufungsgerichtes aufgehoben und der Rechtsstreit an dieses zurückverwiesen.

In einem weiteren Tagesordnungspunkt wurden Beschlüsse gefasst, wonach der Klägerin unter anderem die Wohnungsnutzung der Garage untersagt wird und ihr die Beseitigung verschiedener baulicher Veränderungen aufgegeben wurde. Vorliegend folgt der Bundesgerichtshof der Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes, dass dieser Beschluss nicht nichtig ist.

Nichtig sind Beschlüsse, die konstitutiv Leistungsverpflichtungen anderer Eigentümer begründen, wie die Verpflichtung zur Unterlassung und Rückbau von bestimmten baulichen Veränderungen. Nicht zu beanstanden ist allerdings, wenn die Eigentümer einen Beschluss fassen, in welchem sie ihren Willen darüber bilden, ob sie bestimmte Nutzungen oder bauliche Veränderungen für unzulässig halten und auch zu einem entsprechenden Verhalten (Unterlassung / Rückbau) lediglich auffordern. Ist in einem Beschluss nach dem Wortlaut ein Ge- oder Verbot beschlossen, ist darin nächstliegend lediglich ein solcher Aufforderungsbeschluss zu sehen. Denn es ist nicht davon auszugehen, dass die Wohnungseigentümer konstitutive Leistungspflichten begründen, damit nichtige Beschlüsse fassen wollten.

Ob ein solcher Aufhebungsbeschluss ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, ist nur im Hinblick auf formelle Beschlussmängel (Ladungsfristen, Teilnahmerechte, richtige Ankündigung in der Ladung etc.) zu überprüfen. Ob tatsächlich ein Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruch besteht, ist erst in dem angestrengten Unterlassungs- oder Beseitigungsverfahren zu klären.