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Landgericht München I, Urteil vom 22.09.2020 – 3 O 4495/20 – “Landgericht München I: Corona-bedingte Beeinträchtigungen sind ein Mietmangel“


Mit Urteil vom 22.09.2020 – 3 O 4495/20 – vertrat das Landgericht München I die Auffassung, dass corona-bedingte Beeinträchtigungen des Gebrauchs der Mietsache als Mangel der Mietsache zu qualifizieren sind, sodass der Mieter zur Minderung berechtigt ist. Außerdem liege auch eine Störung der Geschäftsgrundlage vor, deren Rechtsfolge eine Reduzierung der Miete ist, wie sie der gesetzlichen Mietminderung entspricht.

Mietsache ist eine Fläche von 2.929 m², die zum Betrieb eines Möbelgeschäftes vermietet wurde. Aufgrund der Covid-19-Pandemie durfte das Geschäft vom 18.03.2020 bis 26.04.2020 nicht betrieben werden. Vom 27.04.2020 bis 10.05.2020 war ein Betrieb nur auf einer Fläche von 800 m² gestattet. Darüber hinaus musste der Mieter ein umfangreiches Abstands- und Hygienekonzept einhalten, wobei in dem Ladengeschäft nur maximal der Aufenthalt eines Kunden je 20 m² Verkaufsfläche zulässig war. Diese Beschränkung der Kundenanwesenheit galt auch seit dem 11.05.2020 fort, während die Verkaufsflächenbeschränkung weggefallen war.

Das Landgericht München I ist der Meinung, dass der Mieter die Miete teilweise und in Abstufung der jeweils geltend gemachten Mietmonate mindern durfte. Die Beschränkungen des Gebrauchs der Mietsache seien ein Mietmangel im Sinne von § 536 BGB, da der vereinbarte Mietzweck, nämlich der Betrieb zur Nutzung als Möbelgeschäft, nach den öffentlich-rechtlichen Beschränkungen in Folge der Coronaepidemie nicht mehr eingehalten werden konnte. Diese Beschränkungen fallen nach Auffassung des Landgerichts München I nicht in den Risikobereich des Mieters.

Das Landgericht München I meint, bei gewerblichen Räumen sei bei der Bemessung der Minderung primär auf die Störung der Betriebsausübung abzustellen, wobei bei einer periodischen Störung die Minderung nur mit dem Zeitraum der Störung eintritt (Palandt, BGB, § 536 Rn. 33). Auf eine vertragliche Einschränkung der Minderungsbefugnis könne sich der Vermieter nicht berufen, da die Minderung kraft Gesetzes eintritt und der Vermieter einen etwa überbezahlten Betrag dem Mieter ansonsten wieder herausgeben müsste (dolo facit qui petit, quod statim redditurus est, § 242 BGB).

Aufgrund dieser Rechtsauffassung kommt das Landgericht München I zum Ergebnis, dass der Mieter im April 2020 wegen der weitgehenden Schließung des Ladenlokals nur 20 % der Miete zahlen muss. Bei der Miete Mai 2020 sei wesentlich, dass bis zum 11.05.2020 nur eine Fläche bis 800 m² als Verkaufsfläche genutzt werden konnte. Ab 11.05.2020 bestanden ohne Beschränkung der Verkaufsfläche weiterhin Beschränkungen des Publikumsverkehrs. Dies bedeute, dass im ersten Drittel des Mai nur gut 25 % der an sich gemieteten Fläche zur Verfügung stand. In den letzten zwei Dritteln des Mai war eine Kundenbeschränkung vorhanden, wobei Anpassungsaufwand anfiel. Daher schätzte das Gericht für den Monat Mai die Mietminderung mit 50 % ein. Für den Monat Juni 2020 ging das Gericht von einer deutlich abgeschmolzenen Mietminderung aus, da das Geschäft ohne Flächenbegrenzung wieder betrieben werden konnte, jedoch eine erhebliche Einschränkung der aufzunehmenden Kunden mit ein Kunde pro 20 m² unter Einhaltung eines Hygienekonzepts vorzunehmen war. Das Gericht bemaß die Minderung auf 15 %.

Gleichsam hilfsweise stellt das Landgericht München I darauf ab, dass auch eine Störung der Geschäftsgrundlage gegeben war, da die Parteien die Folgen einer eintretenden Coronapandemie und Infektionsschutzmaßnahmen durch den Staat offenkundig nicht bedacht haben und so den Vertrag kaum geschlossen hätten (§ 313 Abs. 1, Abs. 2 BGB). In den Rechtsfolgen wäre die Anpassung ganz offenkundig in einer reduzierten Miete gelegen, wobei die Höhe der gesetzlichen Minderung entspräche.