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Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.11.2020 – VI ZR 569/19 – “Längere Nutzungsausfallentschädigung trotz Vollkaskoversicherung“


Es steht dem Geschädigten eines Kfz-Haftpflichtschadens, bei Beschädigung eines eigenen Kraftfahrzeugs, für die Entziehung der Nutzung eine Entschädigung zu. Dies kann in Form der Übernahme von erforderlichen Mietwagenkosten, Nutzungsausfallentschädigung oder Vorhaltekosten geschehen, je nach der Verwendung des Fahrzeuges bzw. der Kompensation für den Entzug der Nutzung. Für alle drei Fälle kann es zu Streit hinsichtlich der erforderlichen Dauer für die Inanspruchnahme des Fahrzeugausfallschadens kommen.

Es hatte der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 17.11.2020 – VI ZR 569/19 (NJW 2021, 694) über einen Sachverhalt zu entscheiden, wonach ein Unfallgeschädigter eine Nutzungsausfallentschädigung für insgesamt 42 Tage, bis zum Abschluss der Reparatur, geltend gemacht hat. Vorgerichtlich erstattet wurden 15 Tage, im Übrigen hat die gegnerische Versicherung auf einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht verwiesen, insbesondere geltend gemacht, zur Vorfinanzierung der Schadensbeseitigung hätte der Geschädigte eine zur Verfügung stehende Vollkaskoversicherung in Anspruch nehmen können.

Es wurde durch den Bundesgerichtshof einer pauschalen Obliegenheit zur Inanspruchnahme einer eigenen Vollkaskoversicherung, zur Vorfinanzierung der Schadensbeseitigung, eine Absage erteilt. Es wurde zutreffend darauf hingewiesen, dass im Gegenteil teilweise davon ausgegangen wird, dass eine verfrühte Inanspruchnahme, vor einer Regulierungsentscheidung der eintrittspflichtigen Versicherung innerhalb angemessener Zeit, bereits als Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht anzusehen ist. Da der Geschädigte nicht vorhersehen kann, wie sich die weitere Regulierung entwickelt und für den Fall der Notwendigkeit zur Geltendmachung eines Rückstufungsschadens in der eigenen Vollkaskoversicherung mit erheblichen Schwierigkeiten zu rechnen ist, war der Geschädigte zur Vorfinanzierung nicht auf die Vollkaskoversicherung zu verweisen.

Eine Ausnahme wurde in der Entscheidung bereits angedeutet, für den Fall, dass von Anfang an mit erheblichen Einwänden zur Haftung zu rechnen ist, mit Eigenanteil an der Unfallverursachung, sodass mutmaßlich ohnehin die Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung auch wirtschaftlich geboten ist.