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OLG Frankfurt, Urteil vom 16.05.2022 – 29 U 94/21 – “Kein Honorar für den vorpreschenden Architekten!“


Seit 01.01.2018 sieht das Bürgerliche Gesetzbuch vor, dass bei Architektenverträgen, bei denen zu Beginn wesentliche Planungs- und Überwachungsziele noch nicht vereinbart sind (der Kunde noch gar nicht genau weiß, was er bauen kann und will), der Planer zunächst eine Planungsgrundlage zur Ermittlung dieser Ziele zu erstellen hat. Er muss diese Planungsgrundlage zusammen mit einer Kosteneinschätzung für das Bauvorhaben dem Bauherrn zur Zustimmung vorlegen. Dies regelt § 650p Abs. 2 BGB.

Nach Vorlage dieser Unterlagen hat der Besteller ein Sonderkündigungsrecht. Dieses Sonderkündigungsrecht hat jeder Bauherr, auch der gewerbliche. Es erlischt zwei Wochen nach Vorlage der Unterlagen, beim Verbraucher indes nur, wenn er hierauf bei Übergabe der Unterlagen in Textform informiert wurde. Erfolgt die Vorlage nicht besteht das Sonderkündigungsrecht fort.

In einem vom Oberlandesgericht Frankfurt entschiedenen Fall haben die Parteien ausdrücklich diese Zielfindungsphase vertraglich vereinbart und ein pauschales Honorar hierfür festgelegt. Der Architekt erbringt die Leistungen der Zielfindungsphase nur teilweise und legt nur eine Kosteneinschätzung vor, eine Planungsgrundlage erbringt er nicht. Er arbeitet dann aber weiter und erbringt Leistungen der Leistungsphasen 2 und 3 (Vor- und Entwurfsplanung).

Im Rahmen der Zielfindungsphase hatte der Architekt eine Kosteneinschätzung mit Euro 950.000,00 genannt, im Zuge der weiteren Planung erhöhen sich diese Kosten auf Euro 1.250.000,00. Der Bauherr behauptet, ein Budget von Euro 500.000,00 genannt zu haben. Eine weitergehende Finanzierung bekommt der Bauherr nicht und kündigt den Architektenvertrag. Der Architekt klagt nun auch Vergütung für die Leistungsphasen 2 und 3 ein.

Die Klage bleibt erfolglos, da der Architekt die Planungsgrundlage nicht vorgelegt hat und sich auch nicht nach dem Budget des Bauherrn erkundigt hat. Damit bestand das Sonderkündigungsrecht des Bauherrn, der Architekt bekommt für die über die Zielfindungsphase hinausgehenden Leistungen kein Honorar.