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Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 13.06.2019 – 42 Ca 3229/19 – “Hinweisobliegenheit des Arbeitgebers bei Langzeiterkrankten zum Verfall des Urlaubs?“


Im Zusammenhang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts zur Hinweispflicht des Arbeitgebers, dass Urlaub am Jahresende (oder dem 31.03. des Folgejahres) verfalle (BAG, Urteil vom 19.02.2019 – 9 AZR 423/16) hat das Arbeitsgericht Berlin eine noch weitergehende Entscheidung getroffen:

Die Arbeitnehmerin war von Mitte 2016 bis März 2018 arbeitsunfähig erkrankt und schied zum 31.03.2018 aus dem Arbeitsverhältnis aus. Urlaub konnte sie im Hinblick auf die Arbeitsunfähigkeit nicht nehmen. Sie verlangte Abgeltung von 18 Urlaubstagen aus dem Jahr 2016, da der Arbeitgeber seiner Hinweisobliegenheit bezüglich eines möglichen Verfalls diese Urlaubstage nicht nachgekommen sei. Das Arbeitsgericht Berlin gibt dieser Klage statt (obwohl bei Erfüllung der Hinweispflicht der Urlaub trotzdem verfallen wäre), da die Arbeitnehmerin ja nicht mehr gesundet ist und der kranken Arbeitnehmerin Urlaub nicht gewährt werden kann. Die Begründung des Arbeitsgerichts stellt darauf ab, dass der Arbeitgeber nicht im Jahr 2016 (und 2017) wissen konnte, wie lange die Arbeitsunfähigkeit dauert und deswegen zu diesen Zeiten verpflichtet war, einen entsprechenden Hinweis zu erteilen.

Das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin stellt eine deutliche Ausweitung der Obliegenheitsverpflichtung des Arbeitgebers (im Vergleich zur Rechtsprechung des BAG) dar, ob sie Bestand haben wird, darf durchaus bezweifelt werden, da der durch die Obliegenheit bezweckte Schutz der Arbeitnehmerin im vorliegenden Fall gar nicht erreicht werden konnte, da die Arbeitnehmerin ja durchgängig arbeitsunfähig erkrankt war.

Vor dem Hintergrund aktuell noch bestehender Rechtsunsicherheit sollten Arbeitgeber aber auch erkrankte Arbeitnehmer von den regelmäßigen Informationen zur Urlaubsnahme nicht aussparen.