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Kammergericht Berlin, Urteil vom 13.06.2019 – 22 U 176/17 – “Haftung eines „Kreuzungsräumers““


Kommt es zur Kollision zwischen zwei Kraftfahrzeugen ist hinsichtlich der Haftung regelmäßig eine Abwägung der Verursachungsbeiträge gemäß § 17 Abs. 2, Abs. 1 StVG vorzunehmen, wobei nur unstreitige oder nachgewiesene Umstände berücksichtigt werden können. Es war durch das Kammergericht Berlin im Berufungsverfahren in einem Urteil vom 13.06.2019 – 22 U 176/17 über die Haftung im Falle eines sogenannten „Kreuzungsräumers“ zu entscheiden.

Es wurden zunächst in der Entscheidung die maßgeblichen Grundsätze ausgeführt. Ist ein Fahrzeugführer im Falle einer Ampel geregelten Kreuzung berechtigt, bei Grünlicht für seine Fahrspur, in die Kreuzung eingefahren, konnte diese jedoch nicht durchfahren, musste vielmehr anhalten, sind andere Verkehrsteilnehmer, auch nach dem Umschalten der Ampel und Grünlicht für die eigene Fahrspur, grundsätzlich verpflichtet, dem in der Kreuzung hängen gebliebenen Verkehrsteilnehmer die Räumung der Kreuzung zu ermöglichen. Umgekehrt ist derjenige, welcher zunächst in der Kreuzung stehen bleiben musste, verpflichtet, sich über etwa nunmehr bevorrechtigte andere Verkehrsteilnehmer besonders zu vergewissern und nur anzufahren, soweit deren Gefährdung ausgeschlossen ist. Dabei begründet eine umso längere Standzeit in der Kreuzung eine deutliche Erhöhung der Verpflichtung zur besonderen Sorgfalt bei Räumung der Kreuzung, umgekehrt darf der nunmehr berechtigte Verkehrsteilnehmer, nach längerer Grünphase für die eigene Fahrspur, damit rechnen, dass die Kreuzung grundsätzlich frei ist.

In der Entscheidung des Kammergerichts wurde jedoch auf den entscheidenden Unterschied verwiesen, dass die Grundsätze nur für die Kreuzungsräumer gelten, welcher „im inneren Bereich der Kreuzung“ stehen geblieben sind, sodass eine deutliche Beeinträchtigung des Verkehrsflusses besteht. Ist dieser Bereich dagegen nicht erreicht, besteht auch kein Vorrang für die Räumung der Kreuzung. Weiter wurde im Ergebnis ausgeführt, dass derjenige Unfallbeteiligte, welcher für sich in Anspruch nimmt, dass die Räumung der Kreuzung ermöglicht werden musste, die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass der innere Bereich der Kreuzung bereits erreicht war. Dies wurde für den vorliegenden Fall verneint, Ansprüche des Kreuzungsräumers wurden darauf gestützt abgewiesen.