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OLG Frankfurt, Urteil vom 05.12.2019 – 6 U 182/18 – “Haftung des Marketplace-Händlers für Markenrechtsverletzungen auf Amazon“


Bereits im Jahr 2016 hat der Bundesgerichtshof einen Marketplace-Händler bei Amazon wegen einer Markenrechtsverletzung nach von ihm nicht veranlassten Änderungen in der Produktbeschreibung verurteilt und entschieden, dass die von einem anderen Händler vorgenommenen Änderungen dem abgemahnten Marketplace-Händler zuzurechnen ist, weil er seinen Überwachungs- und Prüfungspflichten nicht nachgekommen ist. Über einen vergleichbaren Sachverhalt hatte nunmehr auch das OLG Frankfurt mit Urteil vom 05.12.2019 (6 U 182/18) zu entscheiden.

Der Kläger ist Inhaber der Wortmarke “Premium X“ unter anderem für Waren der Klasse 9 (z.B. SAT-Antennen) und vertreibt seine Produkte über Amazon. Die Beklagte ist ebenfalls als Marketplace-Händler bei Amazon in derselben Produktkategorie tätig. Beide Parteien hatten bei Amazon Mastschellen, dies zumindest zeitweise auch unter derselben ASIN angeboten. Umstritten war zwischen den Parteien, wer wessen Produktbeschreibung gekapert hat und wer welche Änderungen vorgenommen hatte. Denn die Beklagte behauptete, dass sie als Erste unter der ASIN mit ihrer Marke Produkte angeboten habe und sich die Klägerin hieran angehängt habe und erst nach einer Berechtigungsanfrage die Klägerin den Angebotstext verändert und den Markennamen der Beklagten durch ihren eigenen Markennamen „Premium X“ geändert habe. Zuletzt erfolgten die Angebote jedenfalls unter der Überschrift “Mastschellen … von Premium X“, weswegen die Klägerin die Beklagte abgemahnt hat.

Dies zu Recht, wie das OLG entschieden hat. Insoweit sei es ausreichend, dass die Beklagte einen Artikel auf Amazon eingestellt und dieses Angebot die Produktbeschreibung mit der Marke der Klägerin aufgewiesen hat. Dass die Produktbeschreibung möglicherweise geändert wurde, spielt keine Rolle, weil die Beklagte insoweit eine Überwachungs- und Prüfungspflicht trifft, der sie nicht ausreichend nachgekommen ist. Da insbesondere in Händlerkreisen vor allem nach der BGH-Entscheidung aus dem Jahr 2016 bekannt ist, dass Produktbeschreibungen durch andere Händler geändert werden können und sich dadurch die Gefahr ergibt, dass zulässig Angebote in rechtsverletzender Weise geändert werden, ist es einem Händler zuzumuten, seine Angebote regelmäßig zu überprüfen. Dieser Prüfpflicht war die Beklagte nicht nachgekommen, weil sie die Änderung bereits im Februar 2017 festgestellt hat, aber noch im Mai 2017 sich an das Angebot anhängte. Sie hatte zwar gegenüber Amazon einen Verstoß gemeldet, weil sie der Meinung war, dass die Klägerin die Angebotsbeschreibung rechtswidrig geändert habe. Dies war aber nicht ausreichend, vielmehr hätte sie davon Abstand nehmen müssen, unter der fremden Marke Produkte anzubieten.

Auch der Einwand des Rechtsmissbrauchs war nach Auffassung des OLG nicht durchgreifend. Dabei spielt es keine Rolle, wer sich zuerst an welches Angebot angehängt hat. Entscheidend ist, dass Amazon die Möglichkeit gibt, Angebotstexte zu ändern und es damit auch nicht rechtsmissbräuchlich ist, wenn ein Händler von dieser Möglichkeit Gebrauch macht und dies insbesondere nichts an der bestehenden Prüfungspflicht ändert.

Amazon-Händlern ist demnach dringend dazu zu raten, für markenrechtlich geschützte Produkte entweder eine eigene ASIN bei Amazon zu beantragen oder, wenn sie sich an Angebote anderer Händler anhängen (müssen) ihre Angebote regelmäßig daraufhin zu überprüfen, ob Veränderungen an den Produktbeschreibungen vorgenommen wurden, um Abmahnungen zu vermeiden. Gerade bei Händlern, die mehr als eine ASIN nutzen, ist dies natürlich eine enorme Herausforderung, zumal aktuell der genaue Umfang der erforderlichen Prüfungen insbesondere in zeitlicher Hinsicht (tägliche Prüfung, wöchentlich?) völlig unklar ist. Fest steht nach der Entscheidung des BGH nur, dass eine Überprüfung nach 5 Wochen zu spät ist.