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Oberlandesgericht München, Urteil vom 28.01.2020 – 28 U 452/19 – “Garantierte Fertigstellungszeit begründet Verzugsschadensersatzansprüche“


Das Oberlandesgericht München hat in einer Entscheidung, in der es um die verspätete Erstellung einer Photovoltaikanlage ging, für diesen Bereich in mehrfacher Hinsicht interessante Feststellungen getroffen:

  1. Ein Vertrag über die Lieferung und Montage einer Photovoltaikanlage kann auch werkvertraglichen Charakter haben, wenn Planung und Lieferung aufwendig sind und auch nach Abschluss der Arbeiten der Erfolg erst nach einer gewissen Zeitdauer und einem Probelauf überprüfbar ist. Dies hat für verschiedene Bereiche erhebliche Auswirkungen, kann bei Einordnung als Kaufvertrag die Verjährung für Gewährleistungsansprüche bereits nach 2 Jahren beendet sein, so ist diese beim Werkvertrag, wenn man die Montage als Bauwerk sieht, 5 Jahre lang, beim Kaufvertrag braucht es auch keine Abnahme für den Gefahrübergang, anders als beim Werkvertrag. Insoweit bleibt es dabei, dass die Rechtsprechung hier zu unterschiedlichen Ergebnissen bei der rechtlichen Einordnung des Vertrages über die Lieferung und Montage einer Photovoltaikanlage kommt.
  2. Der Unternehmer im dortigen Fall hatte eine schlüsselfertige Photovoltaikanlage „betriebsfertig“ montiert und weiter im Vertragstext als „Photovoltaik-Komplettanlage mit Montage und Netzanschluss“ mit der Zusicherung

          „garantiert der Ersteller die Fertigstellung bis zum 31.12.2011“

versprochen. Die Anlage wurde auch wegen Problemen beim Transformator erst 2014 fertiggestellt.

Der Lieferant berief sich darauf, den Transformator (Trafo-Anlage) nicht zu schulden, dem hielt das Oberlandesgericht München – zu Recht – entgegen, dass, wird eine schlüsselfertige Anlage/Komplettanlage verkauft, der Lieferant eine Leistung schuldet, bei der der Kunde nur noch „den Schlüssel rumdrehen“ muss, um den mit der Anlage bezweckten Erfolg, die Stromerzeugung und -einspeisung realisieren zu können. Das Oberlandesgericht hat den Lieferanten also auch die Nichtlieferung der Trafo-Anlage als teilweise Nichterfüllung zugerechnet und ihn deswegen wegen verspäteter Fertigstellung zu erheblichen Schadensersatzzahlungen verurteilt.

Insbesondere auch in der aktuellen Phase, in der durch die Covid-19-Pandemie die Versorgung mit Materialien und Rohstoffen nicht im üblichen Maß erfolgen kann und auch Arbeitskräfte zur Durchführung von Bauarbeiten möglicherweise häufiger ausfallen, als in normalen Zeiten, gilt es, mit der Zusicherung von Fertigstellungszeitpunkten sehr vorsichtig zu sein. Besonders zu beachten ist dies in der aktuellen Phase, in der die pandemiebedingten Beschränkungen der Vergangenheit bekannt sind und auch jedermann weiß, dass solche Beschränkungen erneut auftreten können. Wer in einer solchen Phase eine Zusicherung eines Fertigstellungszeitpunkts abgibt, muss damit rechnen, dass er verschuldensunabhängig für Schäden, die aus einer verzögerten Fertigstellung resultieren, haftet. Das gilt natürlich nicht nur bei Photovoltaikanlagen sondern insbesondere auch im Bauträgergeschäft und bei der Erbringung von gewerkebezogenen Bauleistungen.