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BGH, Urteil vom 12.10.2021 – VI ZR 513/19 – “Fahrzeugschaden, fiktive oder konkrete Abrechnung“


Im Fall der Beschädigung eines Kraftfahrzeuges bestehen hinsichtlich der Berechnung eines Anspruchs auf Schadensersatz für den Fahrzeugschaden selbst unterschiedliche Berechnungsvarianten. Es kann entweder auf Reparaturkostenbasis oder Totalschadenbasis sowie entweder, in beiden Varianten, fiktiv oder konkret abgerechnet werden. Insbesondere bei der fiktiven Abrechnung auf Reparaturkostenbasis wurden durch den Bundesgerichtshof in  mittlerweile gefestigter Rechtsprechung in erheblichem Umfang Detailfragen zur Höhe des begründeten Anspruches geklärt.

In einem Urteil vom 12. Oktober 2021 – VI ZR 513/19 (zfs 2022, 134) war durch den Bundesgerichtshof über einen Sachverhalt zu entscheiden, wonach der Geschädigte einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Beschädigung seines knapp fünf Jahre alten Pkw auf Grundlage fiktiver Reparaturkosten, nach Gutachten, geltend gemacht hat. Im Laufe des Verfahrens ist eine Ersatzbeschaffung durch Erwerb eines Neufahrzeuges erfolgt. Streitpunkt im Revisionsverfahren war insoweit, ob nach einer grundsätzlich berechtigten Verweisung durch die Haftpflichtversicherung des Schädigers auf eine mühelos erreichbare, technische ebenso gute, jedoch günstigere Werkstatt, gegenüber einer herstellergebundenen Fachwerkstatt, eine dortige Preiserhöhung kurz nach der Begutachtung zu berücksichtigen ist oder nicht. Weiter war streitig, ob die zum Erwerb des Ersatzfahrzeugs aufgewandte Umsatzsteuer bis zur Höhe der fiktiven Mehrwertsteuer aus den Reparaturkosten zu erstatten ist.

Hinsichtlich des Zeitpunkts für die Berechnung des notwendigen Aufwandes zur Instandsetzung des Fahrzeugs des Geschädigten, bei fiktiver Abrechnung, wurden durch den Bundesgerichtshof frühere Entscheidungen bestätigt (Urteil vom 20.07.2021 – VI ZR 533/20; 18.02.2020 – VI ZR 115/19; 21.04.1998 – VI ZR 230/97), wonach es nicht auf den Unfallzeitpunkt oder die Erstellung des Gutachtens für die Höhe des erforderlichen Reparaturkostenaufwandes ankomme, soweit der Schädiger bzw. dessen Versicherer keine volle Ersatzleistung erbracht haben oder die Reparatur durchgeführt wurde. Vielmehr wurde bestätigt, dass es insoweit für die Reparaturkosten auf Grundlage der fiktiven Abrechnung nach Verweisung auf den Schluss der mündlichen Tatsachenverhandlung ankommt.

In Bezug auf den Mehrwertsteueranteil aus dem Erwerb eines Ersatzfahrzeuges wurde dagegen entschieden, dass die Berücksichtigung insoweit eine Vermischung von fiktiver und konkreter Abrechnung bedeuten würde, was unzulässig ist. Insoweit besteht nur die Möglichkeit, die Abrechnungsart und im konkreten Fall auch die Abrechnungsweise zu ändern, als von der fiktiven Abrechnung auf Reparaturkostenbasis auf die konkrete Abrechnung aufgrund Ersatzbeschaffung überzugehen, wobei die Höhe des Erstattungsbetrages auf den notwendigen Aufwand nach der günstigeren Variante beschränkt bleibt. Insoweit, wegen des Übergangs auf die konkrete Abrechnung auf Basis der Ersatzbeschaffung, wurde eine frühere Entscheidung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 22.09.2009 – VI ZR 312/08) aufgegeben.