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Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.09.2020 – II ZR 20/19 – “Erwerber eines Kommanditanteils haftet nicht für vorvertragliche Aufklärungspflichtverletzung des Veräußerers


Der Kläger beteiligte sich auf Grundlage eines Prospektes vom Juni 2011 als Treugeber an einer GmbH & Co. KG (Fonds). Die Gewinnausschüttungen und die Kapitalrückgewähr sollten insbesondere aus dem Verkauf von Erdöl oder Erdgas erwirtschaftet werden. Die Gründungs- und Treuhandkommanditistin des Fonds war die S-GmbH, deren Kommanditanteil die Beklagte 2015 erworben hat. Der Kläger verlangt von der Beklagten wegen behaupteter vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung Zahlung von EUR 180.400,00 (d.h. der Zeichnungssumme zuzüglich Aufgeld abzüglich Ausschüttungen) Zug-um-Zug gegen Übertragung sämtlicher Rechte aus der Beteiligung sowie Feststellung des Ersatzes weiterer künftiger Schäden, die durch die Beteiligung entstanden sind und noch entstehen werden.

Der Bundesgerichtshof hebt die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und weist die Klage ab. Denn der Kläger hat nicht etwa der Beklagten sondern der S-GmbH eine Aufklärungspflichtverletzung vorgeworfen. Die Beklagte haftet aber für diese Aufklärungspflichtverletzung nicht. Zwar haftet ein neu in eine Kommanditgesellschaft eintretender Kommanditist auch für die vor seinem Eintritt begründeten Verbindlichkeiten der Gesellschaft nach § 173 HGB. Mit der Übernahme der Rechtsstellung des Altgesellschafters können daher den Neugesellschafter auch Verbindlichkeiten des Altgesellschafters gegenüber der Gesellschaft oder gegenüber den Mitgesellschaftern aus dem Gesellschaftsverhältnis treffen, nicht aber sonstige Verbindlichkeiten des Altgesellschafters. Um solche sonstigen Verbindlichkeiten des Altgesellschafters handelt es sich aber bei den Ansprüchen, die der Kläger geltend macht. Die S-GmbH war dem Kläger als nicht nur kapitalistisch beigetretene Altgesellschafterin und mithin Vertragspartnerin des Aufnahmevertrages vorvertraglich zur Aufklärung verpflichtet und bei Verletzung dieser Pflicht schadensersatzpflichtig. Solch eine Schadensersatzverpflichtung aus dem Aufnahmevertrag trifft aber nur den Altgesellschafter selbst, nicht auch die Gesellschaft, weil eine fehlerhafte Aufklärung der Gesellschaft nicht zugerechnet werden kann. Daher besteht auch keine Verpflichtung der S-GmbH aus dem Gesellschaftsverhältnis. Nachdem der Kläger auch keine Schuld- oder Vertragsübernahme durch die Beklagte behauptet hat, gab es keine Grundlage für die Zurechnung eines pflichtwidrigen Verhaltens der ursprünglichen Kommanditistin (S-GmbH). Wird ein Vertragspartner für Pflichtwidrigkeiten eines anderen in Anspruch genommen, ist stets sorgfältig zu prüfen, ob dieser tatsächlich für die von ihm nicht selbst begangenen Pflichtwidrigkeiten haftet. Der Erwerb eines Kommanditanteils des pflichtwidrig Handelnden reichte im konkreten Fall dafür nicht aus.