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OLG Frankfurt, Beschluss vom 01.02.2022 – 21 W 182/21 – “Erbrecht: Auswirkungen einer Pflichtteilsstrafklausel“


Das OLG Frankfurt hatte mit Beschluss vom 01.02.2022 – 21 W 182/21 über die Auswirkungen einer Pflichtteilsstrafklausel zu entscheiden. Mit einer solchen Klausel können Ehegatten versuchen, ihre Abkömmlinge von der Geltendmachung der Pflichtteilsansprüche nach dem Tod des Erstversterbenden abzuhalten. Konkret wird dabei mit Abweichungen geregelt, dass Kinder, die nach dessen Tod ihren Pflichtteil geltend machen auch nach dem Tod des Längerlebenden enterbt werden.

In dem Fall des OLG Frankfurt forderte ein Enkelkind nach dem Tod des Ehemanns die Ehefrau auf, ihr ein Nachlassverzeichnis vorzulegen und verlangte nach dessen Zusendung eine Nachbesserung sowie die Vorlage eines Wertgutachtens zu einer Nachlassimmobilie. Diese Ansprüche stehen dem Pflichtteilsberechtigten von Gesetzes wegen zu, damit er seinen Pflichtteilsanspruch beziffern kann. Zu einer Auszahlung oder gerichtlichen Geltendmachung des Pflichtteils kam es nicht. Nach dem Tod der Ehefrau entstand Streit zwischen den Abkömmlingen, ob das Enkelkind, das den Pflichtteil gefordert hat, im Erbschein zu berücksichtigen ist.

Das OLG gab dem Enkelkind Recht. Das Fordern des Nachlassverzeichnisses nebst Nachbesserung und des Gutachtens habe zwar zu einer Belastung der Ehefrau geführt, dies sei aber noch kein Fordern des Pflichtteils gemäß § 2303 BGB, sondern zunächst nur das Verlangen einer Auskunft über den Wert des Nachlasses im Sinne von § 2314 BGB. Auf eine solche Auskunft sei der Pflichtteilsberechtigte angewiesen, damit er entscheiden kann, ob er den Pflichtteil geltend macht oder hierauf verzichtet. Im Testament sei nicht klargestellt worden, dass die Ehegatten sich auch vor einem Auskunftsverlangen schützen wollten, dies sei aber erforderlich, wenn die Pflichtteilstrafklausel auch in diesem Fall greifen soll.

Pflichtteilsberechtigte sollten, bevor sie ihren Pflichtteil geltend machen, prüfen, ob dies gegebenenfalls negative Auswirkungen hat, indem zum Beispiel eine Pflichtteilsstrafklauseln ausgelöst wird. Wie der vorliegende Fall zeigt, greift dabei in der Regel bei einem bloßen Auskunftsverlangen die Pflichtteilsstrafklausel noch nicht, wobei dies immer vom Einzelfall und der genauen Formulierung im Testament abhängig ist. Wenn Ehegatten auch verhindern wollen, dass sie von den Abkömmlingen auf Auskunft in Anspruch genommen werden, sollte im Testament bereits klargestellt werden, dass schon die Forderung nach Auskunft/Wertermittlung zu einer Enterbung führt.