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OLG Saarbrücken, Beschluss vom 07.09.2020 – 5 W 30/20 – “Ein neues Testament führt nicht automatisch zum Widerruf des alten“


Dem OLG Saarbrücken lagen im Beschluss vom 07.09.2020 (5 W 30/20) zwei innerhalb eines Jahres errichtete Testamente zur Prüfung vor. Die Erblasserin setzte zunächst in einem notariellen Testament ihren Lebensgefährten zum Alleinerben ein und widerrief darin alle bisherigen Verfügungen. Rund 8 Monate später verfasste sie ein handschriftliches Testament, in welchem sie verfügte, dass „meine Kröten der oder diejenige Person bekommen soll, die nach mir sieht bzw. sich um mich kümmert“. Gleiches sollte für den Schmuck und persönliche Sachen gelten. Darüber hinaus wurden in dem späteren Testament auch andere Gegenstände an Dritte verteilt.

Nach ihrem Tod beantragte ein Freund, den sie in einer später errichteten Vorsorgevollmacht als denjenigen bezeichnet hat, der ihr Beistand und Begleitung in ihrer letzten Lebensphase gewähren sollte, einen Alleinerbschein. Das Nachlassgericht erteilte einen Erbschein aber zugunsten des im zeitlich früheren Testament benannten Lebensgefährten. Das OLG Saarbrücken bestätigt diese Entscheidung und stellt zunächst fest, dass im zeitlich späteren Testament ein Widerruf des zunächst errichteten notariellen Testaments nicht enthalten ist. Für diesen Fall bestimmt § 2258 BGB, dass die zeitlich früheren Verfügungen weiter neben dem neuen Testament bestehen bleiben, jedenfalls soweit sie zu den zeitlich danach getroffenen Anordnungen nicht in Widerspruch stehen. Aus Sicht des OLG beinhaltet das handschriftliche Testament nämlich allenfalls Vermächtnisse und Auflagen und keine Erbeinsetzung, weswegen es bei der Einsetzung des Lebensgefährten als Alleinerbe gemäß dem notariellen Testament verbleibt.

Bei der Errichtung eines neuen Testaments sollten Erblasser stets ausdrücklich klarstellen, ob dadurch vorangegangene letztwillige Verfügungen aufgehoben oder gegebenenfalls ergänzt werden sollen, dann können Auslegungsschwierigkeiten wie im vorliegenden Fall vermieden werden. Die Frage, ob das Vermächtnis zugunsten des Freundes im Hinblick auf die sehr offene Formulierung („der oder die Person, die nach mir sieht bzw. sich um mich kümmert“) wirksam ist, war für das Gericht nicht maßgeblich und wird voraussichtlich einen weiteren Streit nach sich ziehen.