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OLG Brandenburg, Urteil vom 10.06.2020 – 11 U 120/17 – “Durchgriffsfälligkeit (der Werklohnforderung) auch in der weiteren Leistungskette“


Das Werkvertragsrecht des BGB kennt eine bei Unternehmern und Bauherren eher unbekannte Möglichkeit, wie eine Werklohnfälligkeit auch ohne Abnahme im Leistungsverhältnis/Vertragsverhältnis eintreten kann.

Normalerweise ist die Abnahme der Werkleistung Voraussetzung dafür, dass die Fälligkeit des Werklohns eintritt. § 641 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB regelt aber einen weiteren, oft nicht bedachten Fall der Werklohnfälligkeit: Nach dieser Vorschrift wird die Vergütung des Werkunternehmers für ein Werk, dessen Herstellung sein Auftraggeber seinerseits einem Dritten versprochen hat, spätestens dann fällig, soweit das Werk des Auftraggebers vom Bauherrn abgenommen worden ist oder als abgenommen gilt.

In der nicht seltenen Leistungskette Bauherr-Generalunternehmer-Nachunternehmer kann der Nachunternehmer also seinen Werklohn auch dann verlangen, wenn lediglich im Verhältnis zwischen Bauherren und Generalunternehmer die Abnahmewirkung eingetreten ist, selbst wenn der Generalunternehmer ihm gegenüber die Abnahme noch nicht erklärt oder sogar verweigert hat.

Das Oberlandesgericht Brandenburg hat nun einen Fall entschieden, der noch eine Stufe weiter ging. Dort hat der Nachunternehmer einen weiteren Nach-Nachunternehmer mit einem Teilgewerk beauftragt, im konkreten Fall Korrosionsschutzarbeiten am Stahlbau. Dieser Nach-Nachunternehmer verlangt nun seinen Werklohn, sein direkter Auftraggeber verweigert diesen unter Hinweis darauf, dass die Leistung nicht abgenommen worden sei. Das Oberlandesgericht Brandenburg gibt der Klage gleichwohl statt, da im Verhältnis zwischen Bauherr und Generalunternehmer eine Bauabnahme stattgefunden hat, bei dieser Abnahme zwar Mängel vorbehalten worden seien, diese aber nicht das Gewerk des Nach-Nachunternehmers betrafen.

Nicht vergessen werden darf allerdings, dass die Vorschrift des § 641 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB lediglich zur Fälligkeit des Werklohns führt, nicht aber auch die Abnahmewirkungen herbeiführt. Die Gewährleistung beginnt damit noch nicht zu laufen. Hierzu bedarf es trotz allem einer Abnahme.