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OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.01.2017 – I-7 U 37/16 – “Die Annahme der Erbschaft kann angefochten werden, wenn dies rechtzeitig erfolgt“
Nach dem Erbfall hat der Erbe grundsätzlich 6 Wochen Zeit zu entscheiden, ob er das Erbe annimmt oder nicht. Die Frist beginnt, wenn es keine Verfügung von Todes wegen (z.B. Testament oder Erbvertrag) gibt, mit dem Zeitpunkt des Todes des Erblassers und der Kenntnis des Erben vom Anfall der Erbschaft. Existiert ein Testament oder ein Erbvertrag beginnt die Frist mit der Eröffnung der Verfügung von Todes wegen. Die Annahme der Erbschaft erfolgt entweder durch eine ausdrückliche bzw. konkludente Erklärung des Erben oder durch Verstreichenlassen der 6-Wochen-Frist.
Immer wieder kommt es allerdings vor, dass der Erbe erst nach Ablauf dieser Frist Gründe feststellt, aus denen er die Erbschaft besser nicht angenommen hätte. Auch wenn die Erbschaft dann als angenommen gilt, besteht in diesem Fall die Möglichkeit, die Annahme der Erbschaft anzufechten. Voraussetzung ist allerdings, dass ein Anfechtungsgrund vorliegt und die Anfechtung fristgemäß erfolgt. Ein rechtmäßiger Anfechtungsgrund ist z.B. der Irrtum des Erben über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Nachlasses, zu der nach der Rechtsprechung auch die Überschuldung des Nachlasses zählt.
Nach einer Entscheidung des OLG Düsseldorf mit Urteil vom 13.01.2017 (I-7 U 37/16) ist ein solcher Irrtum auch zu bejahen, wenn sich der Erbe über eine Belastung des Nachlasses geirrt hat. Im Streitfall hatte der Erblasser zulasten der Erben ein Vermächtnis ausgesetzt, das dazu geführt hat, dass den Erben vom Nachlass weniger als ihr Pflichtteil verbleibt. Die Erben haben der Vermächtnisanordnung aber keine rechtliche Wirkung beigemessen und daher trotz der erheblichen Belastung das Erbe angenommen. Aus Sicht des OLG Düsseldorf ist dies ein ausreichender Grund für die Anfechtung der Erbschaft. Diese ging gleichwohl ins Leere, weil die Erben die Anfechtung nicht fristgerecht erklärt haben. Denn dies muss innerhalb von 6 Wochen nach Kenntnis des Anfechtungsgrundes erfolgen. Diese Frist hatten die Erben verstreichen lassen und konnten daher die Erbschaft nicht mehr ausschlagen und mussten das Vermächtnis erfüllen.
Die dem Erben nach einem Todesfall gesetzlich eingeräumte Frist zur Ausschlagung der Erbschaft ist in vielen Fällen zu kurz bemessen, um insbesondere unter Berücksichtigung der Trauerzeit und der nach einem Todesfall abzuwickelnden Formalitäten eine Entscheidung über die Annahme der Erbschaft zu treffen. Für diese Fälle gibt es neben der Möglichkeit zur Anfechtung der Annahme der Erbschaft auch Maßnahmen zur Haftungsbeschränkung. Der Erbe ist also auch in diesem Fall nicht schutzlos, muss aber aktiv tätig werden, insbesondere um bei überschuldetem Nachlass den Zugriff von Gläubigern auf sein eigenes Vermögen zu verhindern.