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Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.12.2021 – V ZR 32/21 – 5 AZR 205/21 – “Der eigenmächtige Verwalter“
Wenn der WEG-Verwalter eigenmächtig Instandsetzungs- und Instandhaltungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum durchführt, kann er gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft einen Ersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht haben, wie der Bundesgerichtshof jetzt entschieden hat.
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft hat eine ehemalige Verwalterin gerichtlich auf Zahlung von Eur 36.300,83 in Anspruch genommen. Denn diese hat eine Firma M. mit der Erneuerung von Eingangstüren und Briefkastenanlagen beauftragt und die vorgenannte Summe aus den Gemeinschaftsmitteln nach Ausführung der Arbeiten bezahlt. Zuvor haben die Wohnungseigentümer aber beschlossen, eine Firma B mit der Erneuerung zu beauftragen. Über diesen Beschluss setzte sich damit die beklagte ehemalige Verwalterin hinweg, als sie die Firma M. beauftragte.
Die ehemalige Verwalterin hat gegen den Zahlungsanspruch Aufrechnung mit der Begründung erklärt, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft jedenfalls durch die (nicht durch den Beschluss gedeckten) Sanierungsmaßnahmen bereichert ist. Der Bundesgerichtshof stellt zunächst klar, dass dem Verwalter grundsätzlich ein Anspruch auf Ersatz der ihm bei der Geschäftsführung für die Wohnungseigentümergemeinschaft entstanden Aufwendungen nach § 670 BGB zusteht. Allerdings muss der Verwalter die Beschlüsse der Wohnungseigentümer beachten, was die ehemalige Verwalterin unterließ und diese Verpflichtung demnach verletzte, sodass allenfalls Ansprüche aus der Rechtsfigur der Geschäftsführung ohne Auftrag abgeleitet werden könnten.
Diese Rechtsfigur wird durch Regelungen des Wohnungseigentumsgesetzes nicht verdrängt, so nunmehr der BGH. Denn es gibt keine Sonderregelungen, die dem Verwalter die Kompetenz absprechen, Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum durchzuführen. Damit entfaltet das Wohnungseigentumsgesetz keine Sperrwirkung gegenüber der allgemeinen Rechtsfigur der Geschäftsführung ohne Auftrag. Auch die Eigentümergemeinschaft ist ausreichend geschützt. Hat sich nämlich ein Verwalter über einen Beschluss der Wohnungseigentümer hinweggesetzt, steht dem Verwalter nach § 684 BGB ein Aufwendungsersatzanspruch nur nach den Vorschriften der sogenannten ungerechtfertigten Bereicherung zu. Damit brauchen die Wohnungseigentümer keinen Ersatz für Maßnahmen zu leisten, die für sie ohne Wert sind, weil der Ersatzanspruch des Verwalters in diesen Fällen grundsätzlich auf Ausgleich der Werterhöhung der Anlage gerichtet ist. Jedenfalls dann, wenn die Maßnahmen der Planung der Wohnungseigentümer entsprochen haben (die Türen sollten hier nach dem Willen ausgetauscht werden, allerdings von einer anderen Firma), sind dagegen ihre ersparten Aufwendungen – und nicht die Werterhöhung – maßgeblich. Es besteht nämlich kein Grund, warum die Wohnungseigentümer in solchen Fällen das Erlangte unentgeltlich behalten und nutzen dürften.
Wenn ein Verwalter sich über einen Beschluss der Wohnungseigentümer hinwegsetzt und eine andere Firma beauftragt, gegen welche die Durchsetzung etwaiger Gewährleistungsansprüche weniger erfolgversprechend erscheint (weil diese Firma z. B. weniger solvent ist) so lassen sich derartige wirtschaftlichen Nachteile durch einen Abschlag vom Erstattungsanspruch des Verwalters kompensieren. Der Bundesgerichtshof entscheidet, dass abhängig von den Umständen des Einzelfalls ein Abschlag bis zu 20 % betragen kann.
Nachdem sich im vorliegenden Fall der Verwalter über den klaren Willen der Wohnungseigentümer hinweggesetzt hat, besteht somit nur ein bereicherungsrechtlicher Anspruch nach §§ 684 S. 1, 812 BGB. Zur Ermittlung der Höhe des Erstattungsanspruchs ist der objektive Wert der erbrachten Leistung festzustellen und etwaige Unvollständigkeiten und Mängel zu berücksichtigen. Auch ist ein Abzug im Hinblick auf die wirtschaftlichen Nachteile veranlasst, die damit verbunden sind, dass die Beklagte anstatt eines ortsansässigen Traditionsunternehmens ein unbekanntes Unternehmen in der Form eine UG (haftungsbeschränkt) beauftragt hat, welche inzwischen aus dem Handelsregister gelöscht worden ist.
Der Verwalter kann demnach unter Umständen einen Ersatzanspruch gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft auf Erstattung von Zahlungen erwerben, obwohl er sich über die Beschlüsse der WEG hinweggesetzt hat. Er muss aber mit Abzügen rechnen oder kann sogar leer ausgehen, wenn keine Werterhöhung eintritt.