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OLG Hamm, Beschluss vom 07.09.2021 – 21 U 10/20

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.03.2023 – VII ZR 880/21 – „Circa-Termine begründen keinen Verzug!“


Immer wieder ist festzustellen, dass die am Bauvorhaben Beteiligten nur unzureichende Vorstellungen darüber haben, wann Leistungen erbracht werden/verlangt werden können und müssen, wann eine Partei in Verzug gerät und wie es mit der Terminslage insgesamt aussieht.

  1. Die größte Wissenslücken dürfte sich bezüglich der Leistungszeit ergeben, wenn gar nichts vereinbart ist. Das Gesetz regelt hierzu nämlich in § 271 BGB, dass falls eine Leistungszeit nicht bestimmt ist, der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken kann.

Bei Bauvorhaben bedeutet dies, dass wenn die Parteien sich über die Ausführungszeit gar keine Gedanken machen und im Vertrag hierzu nichts regeln, der Bauherr z.B. direkt nach Unterzeichnung die Leistungsaufnahme verlangen kann und wenn sie nicht erfolgt, durch eine Mahnung den Unternehmer in Verzug setzen kann. Bei VOB/B-Verträgen gilt, dass der Auftragnehmer innerhalb von 12 Werktagen nach Aufforderung zu beginnen hat, § 5 Abs. 2 VOB/B.

  1. Vereinbaren die Parteien eine konkrete Ausführungsfrist, so ist der Auftragnehmer verpflichtet am Tag des vereinbarten Beginns mit der Baumaßnahme zu beginnen und pünktlich zu beenden, der Auftraggeber muss andererseits am Fristbeginn die Baustelle in einem ausführungsbereiten Zustand für den Auftragnehmer vorhalten, läuft also das Risiko, dass wenn Vorleistungen z.B. nicht erbracht sind, der Auftragnehmer (berechtigterweise) Behinderung und Verzögerung anzeigt, was bekanntlich zu ganz erheblichen Mehrkosten führen kann.
  2. Der Bundesgerichtshof hatte sich nun mit einer Konstellation zu befassen, in der der Auftragnehmer zur Lieferung und Montage von 300 Fenstern nach dem Vertrag verpflichtet war. Im Rahmen der Vertragsverhandlungen gab der Auftragnehmer einen Terminplan bekannt, nachdem der Montagebeginn ca. 6 Wochen nach schriftlicher Freigabe der Werkplanung erfolgen sollte, die gesamte Montagedauer mit ca. 8 Wochen veranschlagt war. Im weiteren Fortgang gab es keine Einigung mehr auf einen konkreten Terminplan, obwohl der Auftraggeber versucht hat, einseitig Terminpläne vorzugeben. Der Auftragnehmer hat diesen jeweils widersprochen und eigene Terminpläne mit Circa-Angaben versandt. Tatsächlich dauert die Ausführung 5 Monate lang, der Auftraggeber macht Schadensersatzansprüche wegen Verzugs geltend und bezahlt die Schlussrechnung nicht.

Er wird in vollem Umfang verurteilt, da Circa-Angaben nicht ausreichen, um eine kalendermäßig bestimmbare Leistungszeit, die ohne Mahnung Voraussetzung für den Verzug wäre, herbeizuführen. Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass die Circa-Angaben insbesondere dann keinerlei Festlegung eines Verzugsbeginns ermöglichen, wenn der Auftraggeber Mitwirkungshandlungen erbringen muss, damit die Circa-Fristen überhaupt zu laufen beginnen.