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Oberlandesgericht Rostock, Urteil vom 06.03.2025 – 3 U 68/23 – „Betriebskostenrecht: Umlage von Wartungskosten“
Viele gewerbliche Mietverträge enthalten die formularmäßige Regelung, dass der Mieter anteilig die Kosten der Wartung, Instandhaltung und Instandsetzung von gemeinschaftlich genutzten Anlagen und Einrichtungen tragen soll, wobei die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung, nicht aber die Wartungskosten nach oben begrenzt werden. Das Oberlandesgericht Rostock hat mit einem von uns erstrittenen Urteil vom 06.03.2025 – 3 U 68/23 – entschieden, dass die Regelung zu den Wartungskosten aus zwei Gründen nicht wirksam ist und der Mieter folglich keine anteiligen Wartungskosten zahlen muss.
Das Oberlandesgericht Rostock ist der Meinung, dass die Formularklausel zur Umlage der Wartungskosten unwirksam ist, weil die Einrichtungen, bezüglich derer die Wartungskosten umgelegt werden sollen, im Mietvertrag nicht konkret bezeichnet wurden. Vielmehr enthielt der Mietvertrag nur die Bestimmung, dass der Mieter die Kosten der Wartung aller gemeinschaftlichen Anlagen und Einrichtungen zu tragen habe. Das genügt nach Auffassung des Oberlandesgerichts Rostock nicht, da Betriebskosten ihrer Art nach konkretisiert werden müssen, damit sich der Mieter ein Bild machen kann, welche Kosten auf ihn zukommen (BGH, Urteil vom 02.05.2012 – XII ZR 88/10, ZMR 2012, 614). Das ist nicht der Fall, wenn für den Mieter nicht erkennbar ist, welche Gegenstände auf seine Kosten gewartet werden sollen. Der Begriff der „gemeinschaftlichen Anlagen und Einrichtungen“ im streitgegenständlichen Mietvertrag reicht nach Auffassung des Oberlandesgerichts Rostock nicht aus, wobei sich das Oberlandesgericht bezieht auf BGH, Urteil vom 26.09.2012 – XII ZR 112/10, NJW 2013,41 zu „alle technischen Einrichtungen (z.B. Telefonzentrale, Musikübertragungsanlage, Blumen und Pflanzen etc.) einschließlich Außenanlagen und Parkplätzen“.
Darüber hinaus entscheidet das Oberlandesgericht Rostock, dass die Wartungsklausel wegen einer fehlenden Kostenbegrenzung gegen § 307 Abs. 1, 2 BGB verstößt. Wie in aller Regel handelt es sich bei den Bestimmungen zu den Nebenkosten im Mietvertrag um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Dies ist nach Auffassung des Oberlandesgerichts Rostock der Fall, wenn Wartungskosten ohne Kostenobergrenze dem Mieter anteilig überbürdet werden sollen.
Nach § 535 Abs. 1 BGB hat der Vermieter dem Mieter die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Ihm obliegt somit die Instandhaltung und Instandsetzung des Mietobjekts. Die Verpflichtung zur Instandhaltung und Instandsetzung kann nach herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur bei der Gewerberaummiete formularmäßig auf den Mieter übertragen werden, soweit sie sich auf Schäden erstreckt, die dem Mietgebrauch oder der Risikosphäre des Mieters zuzuordnen sind (BGH, Urteil vom 06.04.2005 – XII ZR 158/01, juris Rn. 24 mwN). Die zulässige Abweichung vom gesetzlichen Leitbild findet aber dort ihre Grenze, wo dem Mieter die Erhaltungslast von gemeinsam mit anderen Mietern genutzten Flächen und Anlagen ohne Beschränkung der Höhe nach auferlegt wird. Damit werden dem Mieter auch Kosten übertragen, die nicht durch seinen Mietgebrauch veranlasst sind und die nicht in seinen Risikobereich fallen. Ihm werden dadurch, dass er die gemeinschaftlich genutzten Flächen und Anlagen in dem bei Mietbeginn bestehenden, in der Regel gebrauchten Zustand vorfindet, die Kosten für die Behebung anfänglicher Mängel bzw. bereits vorhandener Abnutzungen durch Reparatur oder Erneuerung überbürdet, deren Höhe für ihn nicht überschaubar ist. Darüber hinaus werden ihm Kosten für Schäden auferlegt, die von Dritten verursacht worden sind, für deren Handeln er keine Verantwortung trägt, sodass auch insoweit ihm nicht zurechenbare und der Höhe nach nicht vorhersehbare Kosten auf ihn übertragen werden. Diese Abweichungen vom gesetzlichen Leitbild des Mietvertrages benachteiligen den Mieter unangemessen (BGH, Urteil vom 06.04.2005 – XII ZR 158/01 –, juris Rn. 25). Die Übertragung der Erhaltungslast gemeinschaftlich genutzter Flächen und Anlagen ist allenfalls wirksam, wenn sie in einem bestimmten, zumutbaren Rahmen erfolgt. In der Literatur und Rechtsprechung wird hierzu beispielsweise eine Kostenbegrenzung auf einen festen Prozentsatz der Jahresmiete vorgeschlagen (BGH, Urteil vom 06.04.2005 – XII ZR 158/01 –, juris Rn. 25).
Die formularmäßige mietvertragliche Regelung, die die Kosten der Wartung ohne Kostenbegrenzung auf den Mieter umgelegt, benachteiligt diesen nach Auffassung des Oberlandesgerichts Rostock unangemessen. Das Oberlandesgericht Rostock meint, dass Wartungskosten auch in Geschäftsraummietverträgen formularvertraglich nicht ohne Kostenobergrenze wirksam umgelegt werden können. Der BGH hat Klauseln, mit denen „Kosten der Wartung und Instandhaltung aller technischen Einrichtungen“ (BGH, Versäumnisurteil vom 10.09.2014 – XII ZR 56/11, NZM 2014, 830 Rn. 23) bzw. „Kosten der Wartung und Instandhaltung aller technischen Einrichtungen einschließlich der Kosten des Betriebs“ ohne Kostenobergrenze für unwirksam erklärt (BGH, Urteil vom 26.09.2012 – XII ZR 112/10, NJW 2013, 41 Rn. 22). Hierbei spielt es nach Auffassung des Oberlandesgerichts Rostock keine Rolle, dass der BGH nicht über eine Klausel entschieden hat, die allein die Wartungskosten betrifft. Maßgeblich ist nach Auffassung des Oberlandesgerichts allein, ob dem Mieter Pflichten übertragen werden, die in seinem Mietgebrauch oder seiner Risikosphäre liegen, oder ob diese Pflichten durch die AGB auch auf andere Bereiche im Rahmen der Erhaltungslast erweitert werden. Genau dies ist aber auch bei der Wartung anzunehmen. Aufgrund der mietvertraglichen Regelung droht die Gefahr, dass dem Mieter auch Kosten übertragen werden, die nicht durch seinen Mietgebrauch veranlasst sind und die nicht in seinen Risikobereich fallen.
Das Oberlandesgericht Rostock arbeitet heraus, dass es sich bei Wartungskosten nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Unterschied zu Instandhaltungs- oder Instandsetzungskosten um wiederkehrende Kosten aus vorbeugenden Maßnahmen handelt, welche der Überprüfung der Funktionsfähigkeit oder Betriebssicherheit einer technischen Anlage dienen. Sie sind zwar nicht identisch mit Instandhaltungs- oder Instandsetzungskosten gleichzusetzen, dienen letztlich aber ebenfalls der Erhaltung der Mietsache, weshalb die Grundsätze der unangemessenen Benachteiligung auch isoliert auf die Wartungskosten anzuwenden sind. Insofern lassen sich die Wartungskosten als Spiegelbild der Instandhaltungskosten betrachten. Während beide gemeinsam dem Erhalt der Mietsache dienen, handelt es sich bei den Wartungskosten um vorbeugende, während es sich bei den Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten um nachträgliche Maßnahmen handelt.
Der Bundesgerichtshof hat Wartungsklauseln – auch wenn dies stets im Zusammenhang mit einer fehlenden Kostenobergrenze bezüglich Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten erfolgt ist – ohne Kostenobergrenze für unwirksam erachtet. Denn wenn der Mieter an sämtlichen Kosten für Erhaltungsmaßnahmen aus vorbeugenden Maßnahmen für die Funktionsfähigkeit oder Betriebssicherheit einer technischen Anlage beteiligt wird, welche auch Gemeinschaftsflächen betreffen, werden ihm dadurch die Kosten aus fremden Risikobereichen komplett überbürdet. Eine solche Regelung – auch wenn es nur die Wartung betrifft – beeinträchtigt im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 06.04.2005 – XII ZR 158/01 und Versäumnisurteil vom 10.09.2014 – XII ZR 56/11) den Mieter stets unangemessen (so auch Brandenburgisches Oberlandesgericht in einem von uns erstrittenen Urteil vom 05.04.2022 – 3 U 144/20 – und Kammergericht Berlin in einem von uns erstrittenen Urteil vom 01.12.2022 – 8 U 50/21).
Eine andere Auffassung – Wartungskosten müssten nicht „gedeckelt“ werden – hatte das Oberlandesgericht Frankfurt mit Urteil vom 16.10.2015 – 2 U 6/14 – vertreten. Diese Entscheidung überzeugt das Oberlandesgericht Rostock hingegen nicht, weil sie sich lediglich mit der zutreffenden, zu Instandhaltungskosten unterschiedlichen Definition der Wartungskosten auseinandersetzt, jedoch nicht mit dem letztlich dahinter stehenden Charakter von Erhaltungskosten. Damit, warum eine Kostenobergrenze für Wartungskosten nicht erforderlich sei, obwohl es sich letztlich im Spiegelbild zu Instandhaltungskosten um vorbeugende Maßnahmen zur Erhaltung der Mietsache handelt, setzt sich das Oberlandesgericht Frankfurt mit keinem Wort auseinander.