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Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.05.2017 (VIII ZR 79/16) “Betriebskostenabrechnung bei gemischter Nutzung


Die Parteien streiten über die Umlage der Grundsteuer in einem gemischt genutzten Gebäude in Berlin. Die Wohn- und Nutzfläche dieses Gebäudes beträgt 1.100 m², wobei auf die gewerbliche Nutzung 56 % entfallen. Die Kläger sind seit 2004 Mieter einer 136 m² großen Wohnung, die diese von dem Rechtsvorgänger der beklagten Vermieterin angemietet haben. Als Umlagemaßstab wurde im Formularmietvertrag das Verhältnis der Wohn- und Nutzflächen des Hauses vereinbart. Die Grundsteuer für das Jahr 2013 belief sich für das Objekt nach einem einheitlichen Grundsteuerbescheid auf EUR 4.580,36. Dieser Betrag wurde von der beklagten Vermieterin einheitlich nach dem Flächenmaßstab umgelegt, ohne zwischen gewerblicher Nutzung und Wohnungsnutzung zu unterscheiden oder für die gewerbliche Nutzung einen Vorwegabzug vorzunehmen. Daraus wurde ein Anteil an der Grundsteuer für die klagenden Mieter in Höhe von EUR 540,99 ausgewiesen.

Die Voreigentümerin hingegen hatte bei ihren Abrechnungen jeweils einen Betrag in Höhe von 70 % der für das gesamte Objekt erhobenen Grundsteuer vorweg auf die gewerblichen Einheiten verteilt und lediglich den Restbetrag auf die Wohneinheiten umgelegt. Diesen Vorwegabzug ermittelte sie dabei mittels eines Berechnungsbogens, der Anlage zum Einheitswertbescheid des zuständigen Finanzamtes gegenüber der eigenen Rechtsvorgängerin der Voreigentümerin war.

Die Kläger sind der Auffassung, dass diese Abrechnungsweise beizubehalten ist und haben auf dieser Basis einen Differenzbetrag von EUR 209,31 errechnet und erhoben Klage auf Zahlung dieses Betrages. Die Mieter scheiterten in allen drei Instanzen. Der Bundesgerichtshof bestätigte die Auffassung der Vorinstanzen, wonach die vorgenommene Umlage der Grundsteuer für das Jahr 2013 aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist, da es keines Vorwegabzuges für die gewerblich genutzten Einheiten bedurfte. Eine Vereinbarung im Mietvertrag über einen so genannten Vorwegabzug gibt es nicht, da die Klausel über den Umlagemaßstab lediglich regelt, dass die Betriebskosten insgesamt nach dem Flächenmaßstab zu verteilen sind. Ein Vorwegabzug ist in dieser Klausel nicht einmal erwähnt.

Der Bundesgerichtshof entscheidet zudem, dass eine bestimmte Abrechnungsweise der Rechtsvorgängerin keinen Schluss darauf zulässt, dass die Parteien die Umlageregelung im Sinne eines Vorwegabzuges verstanden haben.

Aus den gesetzlichen Vorschriften im § 556 a Absatz 1 S. 2 BGB lässt sich auch keine Notwendigkeit eines Vorwegabzuges bei der Grundsteuer herleiten. Denn nach dieser Vorschrift sind Betriebskosten, die von einem erfassten Verbrauch oder nach einer erfassten Verursachung durch die Mieter abhängen, nach einem Maßstab umzulegen, der diesem unterschiedlichen Verbrauch oder dieser unterschiedlichen Erfassung Rechnung trägt. Eine erfasste unterschiedliche Verursachung scheidet jedoch von vornherein aus, weil die Grundsteuer auf einer einheitlichen Festsetzung durch die Gemeinde beruht und nicht von einem Verhalten der Mieter abhängt. Eine Verpflichtung aus dieser vorgenannten Vorschrift zu einem Vorwegabzug der auf die gewerblichen Mieter entfallenden Betriebskosten ist nicht abzuleiten, wie der Bundesgerichtshof bereits im Jahr 2006 (VIII ZR 78/05) entschieden hat.

Schließlich scheidet auch ein Vorwegabzug bei der Grundsteuer aus Billigkeitsgründen aus. Das wäre nur dann erforderlich, wenn durch die gewerbliche Nutzung erhebliche Mehrkosten pro Quadratmeter entstehen, wofür der Mieter die Darlegungs- und Beweislast trägt. Das haben die Vorinstanzen vorliegend rechtsfehlerfrei verneint, da es sich bei der Grundsteuer um eine ertragsunabhängige Objektsteuer handelt. Dies bedeutet, dass die in einem Abrechnungsjahr erhobene Steuer nicht von den in diesem Jahr erzielten Erträgen und ihrer Verteilung auf die Nutzung zu gewerblichen Zwecken einerseits und zu Wohnenzwecken andererseits abhängt. Vielmehr wird die Grundsteuer auf der Basis der erlassenen Bescheide über den Einheitswert und den Grundsteuermeßbetrag errechnet sowie mit dem Hebesatz multipliziert.

Der Bundesgerichtshof bestätigt damit seine Auffassung, dass ein Vorwegabzug nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt, wofür der Mieter die Vortrags- und Beweislast trägt, wenn entsprechende Regelungen im Mietvertrag fehlen. Auch bindet eine frühere Abrechnungsweise im Grundsatz nicht.