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Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 22.05.2018 – 9 U 111/16 – “Betriebskosten: Individualvertragliche Ausschlussfrist von zwei Wochen ist wirksam


Mit Urteil vom 22.05.2018 – 9 U 111/18 – befasste sich das Oberlandesgericht Karlsruhe mit der Frage, ob eine individualvertraglich vereinbarte, also im Einzelnen ausgehandelte Ausschlussfrist von zwei Wochen gegen Nebenkostenabrechnungen wirksam ist. Das Oberlandesgericht Karlsruhe sah zutreffend für den Bereich der Geschäftsraummiete keine rechtlichen Bedenken, für Einwendungen des Mieters gegen Nebenkostenabrechnungen individualvertraglich eine kurze Ausschlussfrist von zwei Wochen zu vereinbaren.

Häufig handelt es sich aber bei derartigen Ausschlussregelungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Insoweit gelten sehr viel strengere Voraussetzungen, damit eine derartige Regelung als wirksam angesehen werden kann. Mit dieser Fragestellung befasste sich das Oberlandesgericht Karlsruhe aber nicht.

Gegenstand des Rechtsstreits war ein Mietvertrag über eine Apotheke. Zur Abrechnung der Nebenkosten trafen die Parteien folgende, im Einzelnen ausgehandelte Vereinbarung:

„Der Vermieter legt in regelmäßigen Abständen, die 12 Monate nicht überschreiten sollen, Rechnung über die tatsächlich entstandenen Betriebskosten und legt diese nach dem Verhältnis der Wohn- und Nutzflächen des gesamten Gebäudes auf die einzelnen Mieter um, soweit kein anderer Umlegungsmaßstab vereinbart wird. Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abrechnung können nur innerhalb 14 Tagen nach Zugang und nur schriftlich geltend gemacht werden. Rückzahlungen bzw. Abschlusszahlungen sind innerhalb eines Monats nach Zugang der Abrechnung fällig.“

Der Mieter macht nach Ablauf der Ausschlussfrist Einwendungen gegen die Nebenkostenabrechnungen für die Jahre 2010 bis 2013 geltend und erhebt Klage auf Rückzahlung zu viel geleisteter Nebenkostenvorauszahlungen. Die Klage wird mit der Begründung abgewiesen, der Mieter sei mit Einwendungen gegen die Abrechnungen ausgeschlossen, weil er die Frist von zwei Wochen zur Erhebung von Einwendungen versäumt habe. Das Oberlandesgericht Karlsruhe führt zunächst aus, dass die Betriebskostenabrechnungen in formeller Hinsicht ordnungsgemäß sind. Sie entsprechen den formellen Anforderungen an die Abrechnungen eines Vermieters (vgl. zu den Anforderungen BGH NJW 2005, 219; BGH NJW 2008, 2258; BGH NJW 2009, 283; BGH, Beschluss vom 14.12.2012 – VIII ZR 207/11). Aus den Abrechnungen sind jeweils die Gesamtkosten des Hauses ersichtlich, die auf die verschiedenen Einheiten verteilt wurden. Es sind die Verteilungsschlüssel ersichtlich. Die Berechnung des jeweiligen Mieteranteils lässt sich nachvollziehen. Auch die Vorauszahlungen des Mieters sind in den Abrechnungen berücksichtigt. Sämtliche Einwendungen des Mieters gegen die Abrechnungen bezogen sich somit auf inhaltliche Fehler und nicht auf die formellen Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Betriebskostenabrechnung. Mögliche inhaltliche Fehler der Betriebskostenabrechnungen kann der Mieter nachträglich aber nicht mehr geltend machen, er ist mit solchen Einwendungen aufgrund der vereinbarten Ausschlussfrist ausgeschlossen. Bei den Regelungen zu Einwendungen gegen die Richtigkeit von Betriebskostenabrechnungen handelt es sich nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts um eine Individualvereinbarung, die als Ausschlussfrist auszulegen ist. Insbesondere handelt es sich bei der vertraglichen Vereinbarung nicht um eine bloße „Fälligkeitsregelung“. Gegen die vertraglich vereinbarte Ausschlussfrist lässt sich auch nicht einwenden, innerhalb der Frist von zwei Wochen lasse sich möglicherweise eine Betriebskostenabrechnung nicht ausreichend prüfen. Kurze Fristen sind bei Verträgen im gewerblichen Bereich durchaus nicht selten, beispielsweise die Untersuchungs- und Rügeobliegenheit beim Handelskauf gemäß § 377 HGB. Kurze Fristen dienen im Geschäftsleben dazu, dass möglichst zügig für den anderen Teil klar wird, ob ein Vertragspartner bestimmte Rechte geltend machen will.

Die Ausschlussfrist von zwei Wochen für Einwendungen des Mieters ist wirksam. Die Vereinbarung war keine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB. Sämtliche Regelungen im Mietvertrag wurden individuell vereinbart. Für den Bereich der Geschäftsraummiete bestehen keine Bedenken, in einer Individualvereinbarung eine Regelung zu treffen, die eine kurze Ausschlussfrist von zwei Wochen vorsieht. Es sind keine Gesichtspunkte erkennbar, die für eine Sittenwidrigkeit der Frist (§ 138 Abs. 1 BGB) sprechen könnten.