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OLG Frankfurt, Beschluss vom 04.02.2016 – 2 W 10/16 – “Besitzschutzansprüche des Betreibers einer Pferderennbahn


Das Oberlandesgericht Frankfurt hat mit Beschluss vom 04.02.2016 – 2 W 10/16 – die Frage behandelt, welche Besitzschutzansprüche auch ohne mietvertragliche Beziehungen bestehen. Die rechtliche Problematik ist demnach auch dann einschlägig, wenn ein Untermieter Besitzschutzansprüche gegen den Hauptvermieter oder Eigentümer geltend macht, mit dem er keinen Mietvertrag schloss (denn Vertragspartner des Untermieters ist der Untervermieter).

Es geht um die Galopprennbahn in Frankfurt-Niederrad. Der Eigentümer und Vermieter, nämlich die Stadt Frankfurt, und der Mieter (die Hippodrom GmbH) sind sich einig, dass das Mietverhältnis beendet ist. Zwischen dem Mieter, der Hippodrom GmbH, und dem Rennklub Frankfurt besteht ein Geschäftsbesorgungsvertrag, mit dem sich der Rennklub Frankfurt gegenüber der Hippodrom GmbH zur Durchführung von Rennveranstaltungen verpflichtete. Auf dem Gelände soll eine Akademie des Deutschen Fußballbundes gebaut war. Als in der Zeitung berichtet wurde, der Manager der deutschen Fußballnationalmannschaft (Bierhoff) habe gesagt, die Vorbereitungen für den Bau der DFB-Akademie seien angelaufen und der erste Bagger rolle jetzt, um die „Rennbahn platt zu machen“, beantragt der Rennklub Frankfurt den Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der der Stadt Frankfurt untersagt werden soll, die Tribüne nebst der gesamten Rennbahn auf dem Rennbahngelände zurückzubauen, insbesondere abzureißen und Versorgungsleitungen für Strom und Wasser auf dem Rennbahngelände und in den hierauf befindlichen Gebäuden vom städtischen Netz abzutrennen. Das Oberlandesgericht Frankfurt hat die beantragte einstweilige Verfügung erlassen. Die geltend gemachten Ansprüche seien wegen Besitzstörung nach § 862 Abs. 1 BGB gegeben, wonach der Besitzer vom Störer die Beseitigung der Störung verlangen kann, wenn er durch verbotene Eigenmacht im Besitz gestört werde. Verbotene Eigenmacht wird bejaht, weil die Stadt Frankfurt nicht eigenmächtig im Wege der Selbsthilfe eine faktische Räumung durch den Rennklub erzwingen darf, sondern eine Räumungsklage (die bereits erhoben wurde) durchführen muss. Deshalb spielt es für die Entscheidung des Oberlandesgerichts keine Rolle, ob der Rennklub ein Recht zum Besitz hat. Der Anspruch wegen Besitzstörung wird allein aus dem gestörten Besitz abgeleitet und ist von einem Besitzrecht unabhängig. Wegen des Gewaltsmonopols des Staates ist es in einem Rechtsstaat nicht zulässig, sein Recht eigenmächtig und selbst durchzusetzen. Vielmehr bedarf es hierzu einer gerichtlichen Entscheidung. Nun hatte der Bundesgerichtshof allerdings mit Urteil vom 06.05.2009 (BGHZ 180, 300) entschieden, dass der Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses gegenüber dem die Mieträume weiter nutzenden Mieter zur Gebrauchsüberlassung und damit auch zur Fortsetzung vertraglich übernommener Versorgungsleistungen, namentlich Belieferung mit Heizenergie, grundsätzlich nicht mehr verpflichtet ist. Das Oberlandesgericht hält dieses Urteil des Bundesgerichtshofs allerdings nicht für einschlägig, denn der Entscheidung des Bundesgerichtshofs habe zugrundegelegen, dass der Mieter die Versorgungsleistungen nicht direkt vom Versorgungsunternehmen, sondern vom Vermieter bezog und dem Vermieter durch die weitere Versorgung der Mieträume mit Wasser, Strom und Heizenergie Schaden drohte, weil die Beendigung des Mietverhältnisses auf dem Zahlungsverzug des Mieters beruhte, dem Vermieter also nicht zuzumuten war, die Kosten für eigene Versorgungsleistungen nicht erstattet zu erhalten. In der streitgegenständlichen Sache war aber ein Zahlungsverzug nicht erkennbar. Auch belieferte die Stadt Frankfurt den Rennklub nicht unmittelbar mit Wasser und Strom. Es ging vielmehr darum, dass die diesbezügliche Versorgung des Rennklub Frankfurt nicht dadurch unmöglich gemacht werden darf, dass das Grundstück vom städtischen Netz abgetrennt wird, woran nach Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt kein schutzwürdiges Interesse der Stadt Frankfurt anzuerkennen sei.