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Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.03.2019 – V ZR 105/18 – “Beschluss über Vertragsstrafen nichtig“


Die Gemeinschaftsordnung der Wohnungseigentümergemeinschaft sieht vor, dass ein Wohnungseigentümer zur Ausübung eines Gewerbebetriebes oder Berufes in der Wohnung nur mit Zustimmung des Verwalters berechtigt ist, wobei die Zustimmung nur aus wichtigem Grund verweigert werden darf. Dasselbe gilt sinngemäß für die erforderliche Zustimmung zur Vermietung oder sonstigen Gebrauchsüberlassung. Am 05.06.2012 hat die Eigentümerversammlung den Beschluss gefasst, dass Miteigentümer, die ohne die Zustimmung einen Mietvertrag über eine Wohnung abschließen verpflichtet sind, der Gemeinschaft eine Vertragsstrafe zu zahlen. Gestützt auf die Behauptung, dass der Beklagte seine Wohnung in sechs Fällen ohne Zustimmung des Verwalters kurzzeitig an arabische Gäste vermietet hat, verlangt die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft die Zahlung einer Vertragsstrafe. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landgericht die Klage abgewiesen. Der Bundesgerichtshof bestätigt das klagabweisende Urteil. Denn der Beschluss vom 05.06.2012 ist mangels einer Beschlusskompetenz nichtig. Als Grundlage für die Beschlusskompetenz kommt nur § 21 Abs. 7 WEG in Betracht. Dieser Vorschrift zufolge können die Wohnungseigentümer die Art und Weise von Zahlungen regeln, darüber hinaus die Fälligkeit und die Folgen eines Verzuges sowie der Kosten für eine besondere Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums oder für einen besonderen Verwaltungsaufwand mit Stimmenmehrheit beschließen. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofes erfasst § 21 Abs. 7 WEG nicht die Einführung von Vertragsstrafen für Verstöße bei Vermietungsbeschränkungen. Dies führt daher zur Nichtigkeit eines solchen Beschlusses. Durch die Einführung von Vertragsstrafen soll der Wohnungseigentümer unterlassen, Vermietungen vorzunehmen, wenn die erforderliche Zustimmung fehlt. Bereits der Wortlaut des § 21 Abs. 7 WEG erfasst diesen Fall nicht. Von dieser Vorschrift werden nur Zahlungspflichten erfasst, jedoch nicht Unterlassungspflichten. Es geht auch nicht um die Regelung von Verzugsfolgen, da ein Verstoß gegen eine Unterlassungspflicht nicht den Eintritt eines Verzuges, sondern die Unmöglichkeit zur Folge hat. Auch kann nicht auf die in § 21 Abs. 7 WEG genannte besondere Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums oder an einen besonderen Verwaltungsaufwand angeknüpft werden. Denn die Vertragsstrafe bezweckt einen Strafcharakter und soll die Wohnungseigentümer dazu anhalten, ihre Pflicht zur Einholung der Zustimmung nachzuholen. Auch lässt sich die Anwendbarkeit von § 21 Abs. 7 WEG nicht mit der Gesetzesbegründung rechtfertigen. Dort ist lediglich ein unglückliches Beispiel gewählt worden.

Eine solche Sichtweise benachteiligt auch die Eigentümer nicht, da Verstößen gegen vereinbarte Vermietungsbeschränkungen durch einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch begegnet werden kann. Damit ist im Wiederholungsfall die Grundlage für die Verhängung eines Ordnungsgeldes gelegt.