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Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 16.06.2021 – 12 U 148/20 – “Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Mietzinsansprüche“


Mit Urteil vom 16.06.2021 – 12 U 148/20 – hat das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht entschieden, dass Art. 240 § 2 EGBGB (Beschränkung der Kündigung von Miet- und Pachtverhältnissen in Zeiten der Corona-Pandemie) keine Stundung des Mietzinses bewirkt.

Art. 240 § 2 EGBGB lautet:

2 Beschränkung der Kündigung von Miet- und Pachtverhältnissen

(1) Der Vermieter kann ein Mietverhältnis über Grundstücke oder über Räume nicht allein aus dem Grund kündigen, dass der Mieter im Zeitraum vom 01.04.2020 bis 30.06.2020 trotz Fälligkeit der Miete nicht leistet, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Der Zusammenhang zwischen COVID-19-Pandemie und Nichtleistung ist glaubhaft zu machen. Sonstige Kündigungsrechte bleiben unberührt.

(2) Von Absatz 1 kann nicht zum Nachteil des Mieters abgewichen werden.

(3) Die Absätze 1 und 2 sind auf Pachtverhältnisse entsprechend anzuwenden.

(4) Die Absätze 1 bis 3 sind nur bis 30.06.2022 anzuwenden.

Der Gesetzgeber hat ausdrücklich in der Gesetzesbegründung ausgeführt, dass die Verpflichtung der Mieter zur Zahlung der Miete im Grundsatz bestehen bleibt. Statt eines gänzlichen Ausschlusses der Mietzahlungsverpflichtung oder einer Stundung wurde im Ergebnis nach Abwägung der wechselseitigen Interessen der für den Vermieter weniger intensive Eingriff des Ausschlusses des Kündigungsrechtes gewählt.

Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht führt weiter aus, dass im Einzelfall zu prüfen sei, ob ein im Sinne von § 536 BGB zur Minderung berechtigender Mangel der Gewerbemietsache bei behördlich angeordneter Schließung des Unternehmens wegen der Corona-Pandemie vorliegt. Es komme darauf an, ob sich die Folgen des Lockdowns der im Rahmen von § 536 Abs. 1 S. 1 BGB maßgeblichen Risikosphäre des Vermieters zuordnen lassen. Hoheitliche Maßnahmen können – sofern nicht andere vertragliche Vereinbarungen bestehen – nur dann einen solchen Mangel begründen, wenn sie unmittelbar auf der konkreten Beschaffenheit der Mietsache beruhen und ihre Ursachen nicht in persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters haben. Maßnahmen, die nur den geschäftlichen Erfolg des Mieters beeinträchtigen, fallen allein in dessen Risikosphäre, so regelmäßig auch hinsichtlich der Coronafolgen.

Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht entscheidet ferner, dass Mietansprüche auch nicht wegen Unmöglichkeit gemäß §§ 346 Abs. 1 S. 1, 275 BGB entfallen, da die behördlich angeordnete Schließung grundsätzlich allein das Verwendungsrisiko des Mieters betrifft. Die in der Rechtsprechung kontrovers diskutierte Frage, ob eine Reduzierung der Miete wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage in Betracht kommt, wird vom Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht nur kurz angesprochen, da der Mieter, der ein Hotel betrieb, keinen ausreichenden Vortrag zu einer möglichen Störung der Geschäftsgrundlage gehalten hatte. Er berief sich zwar auf Liquiditätsengpässe. Das sei aber nach Auffassung des Gerichts nicht ausreichend.