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BGH, Beschluss vom 08.03.2017 – XII ZB 192/16 – “Ausbildungsunterhalt trotz Berufsabschluss?


Verwandte in gerader Linie sind einander zum Unterhalt verpflichtet, dies gilt insbesondere für Eltern gegenüber ihren Kindern. Diese Unterhaltsverpflichtung schließt eine angemessene Vorbildung (Ausbildung) zu einem Beruf ein, gemäß § 1610 Abs. 2 BGB. Damit ist jedoch indirekt auch die Verpflichtung zum Unterhalt begrenzt auf die so genannte Erstausbildung. Der Bundesgerichtshof hatte sich in einem Beschluss vom 08.03.2017 – XII ZB 192/16 (NJW 2017, 1478 ff.) mit einem Teilaspekt der Ausnahmen zu diesem Grundsatz zu befassen.

In dem zu entscheidenden Fall hat das BAföG-Amt als Antragsteller einer Studentin mit dem Ziel der Tätigkeit als Lehrerin an berufsbildenden Schulen Vorleistungen gewährt und den Vater auf Ausbildungsunterhalt für das Studium, aus übergegangenem Recht, in Anspruch genommen. Die Studentin hatte nach Erlangung der Hochschulreife am Wirtschaftsgymnasium zunächst eine Ausbildung zur Bankkauffrau erfolgreich abgeschlossen, danach das Lehramtstudium begonnen.

Durch das Oberlandesgericht war ein notwendiger enger inhaltlicher Zusammenhang zwischen den Ausbildungsabschnitten verneint worden, es hat deshalb eine Unterhaltszahlung abgelehnt. Im Beschwerdeverfahren wurden durch den Bundesgerichtshof Anhaltspunkte gesehen, dass ein notwendiger enger inhaltlicher Zusammenhang doch besteht, weshalb die Entscheidung aufgehoben und die Sache an das Oberlandesgericht zurückverwiesen wurde. Es sind diverse Ausführungen für einen Ausnahmefall von der Begrenzung der Verpflichtung auf eine Erstausbildung erfolgt.

Zunächst wurde bekräftigt, dass entweder ein enger zeitlicher und inhaltlicher Zusammenhang zwischen einer Berufsausbildung und dem späteren Studium bestehen muss, so dass diese sich im Ergebnis als Abschnitte eines einheitlichen Ausbildungsganges darstellen oder, dass die zunächst begonnene Ausbildung auf einer groben Fehleinschätzung der Neigung/Begabung des Kindes beruht. Weiter wurde ausgeführt, dass Grund für eine Zweitausbildung gewichtige Gründe sein können, welche der Tätigkeit im zunächst erlernten Beruf, z.B. gesundheitliche Gründe, entgegenstehen. Es wurden frühere Entscheidungen bestätigt, wonach es genügt, wenn der Wunsch zur weiteren Ausbildung/zum Studium erst nach Abschluss einer Lehre gefasst wird.

Die Entscheidung des Beschwerdegerichts wurde insoweit bestätigt, dass vorliegend andere Gründe für die fortbestehende Unterhaltsverpflichtung während des Studiums, z.B. gesundheitliche Gründe oder eine Fehleinschätzung hinsichtlich der Begabung in Bezug auf die Berufsausbildung, nicht vorliegen. Allerdings wurde darauf verwiesen, dass sich nach dem Ausbildungsinhalt/dem Inhalt des Studiums eine wesentliche Übereinstimmung ergeben kann, auch wenn das Schwerpunktfach (katholische Religion) dies nicht vermuten lässt. Es wurde insoweit durch die Antragstellerin auf wesentliche Inhalte des Studiums verwiesen, welche sich mit der Ausrichtung der Banklehre decken. Insoweit wurde die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.

Im Rahmen der Entscheidung wurde weiter betont, dass es für den zeitlichen Zusammenhang auch darauf ankommt, inwieweit sich die Unterhaltsschuldner/die Eltern auf eine fortdauernde Unterhaltsverpflichtung einstellen mussten und inwieweit bereits während der bisherigen Ausbildung Unterhaltsleistungen erfolgt sind. Ebenso wurde jedoch betont, dass es eine zeitliche Obergrenze, nach dem Alter des Kindes, für den Beginn einer Ausbildung, mit Unterhaltsanspruch, grundsätzlich nicht gibt.

Die Entscheidung zeigt, dass es einer sorgfältigen Ermittlung des Sachverhaltes bedarf, um die von Seiten des Bundesgerichtshofes geprägten Rechtsbegriffe auszufüllen.