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Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.07.2017 – 9AZR 259/16 Aufstockungsanspruch des Teilzeitbeschäftigten nach Besetzung der freien Stelle?


Das Bundesarbeitsgericht hat einen der – relativ seltenen – Fälle, in denen eine Arbeitnehmerin auf Erhöhung der Arbeitszeit geklagt hatte, gegen die Arbeitnehmerin entschieden:

Die Klägerin im Verfahren war zu 50 % der Regelarbeitszeit beschäftigt und wollte, mitgeteilt durch Erklärung vom Februar 2015 eine Vollzeitstelle bekommen. Zum Zeitpunkt ihres Begehrens waren Vollzeitstellen frei. Anfang April 2015 stellte die Arbeitgeberin 5 neue Mitarbeiter in Vollzeit ein, die Klägerin klagte danach auf Erhöhung ihrer Arbeitszeit und machte geltend, der Arbeitgeber könne sich nicht darauf berufen, dass er die im Zeitpunkt ihres Antrags freien Arbeitsplätze zwischenzeitlich besetzt habe.

Sie macht weiterhin geltend, dass sie die Stelle nur deswegen nicht bekommen habe, da sie wegen ihres Alters und ihrer Behinderung diskriminiert worden sei. Das Bundesarbeitsgericht weist die Revision der Klägerin gegen das die Klage bereits abweisende Urteil des Landesarbeitsgerichts ab und gesteht der Arbeitgeberin dabei zu, dass sie sich auf die zwischenzeitlich erfolgte Besetzung der freien Stellen berufen kann. Das sei auch nicht rechtsmissbräuchlich, da im Falle einer pflichtwidrigen Nichterhöhung der Arbeitszeit ja Schadensersatzansprüche der Arbeitnehmerin bestehen, diese Schadensersatzansprüche aber nie auf Erfüllung (Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit) gerichtet sein könnten. Auch aus dem Argument der Diskriminierung lasse sich das nicht herleiten, insoweit verweist das Bundesarbeitsgericht auf § 15 Abs. 6 AGG, der keinen Anspruch auf Begründung eines Arbeitsverhältnisses/Beförderung gebe sondern lediglich einen Schadensersatzanspruch.

Das Bundesarbeitsgericht weist mit dieser Entscheidung Arbeitgebern, die sich einem Arbeitszeiterhöhungsverlangen von Arbeitnehmern ausgesetzt sehen, die sie nicht mit einer größeren Arbeitszeit versehen wollen, den Weg, wie dies zu bewerkstelligen ist, allerdings mit dem Risiko, einem Schadensersatzanspruch ausgesetzt zu sein. Auch insoweit empfiehlt es sich sicherlich für Arbeitgeber, die Hintergründe der Entscheidung, dem Arbeitszeiterhöhungsverlangen nicht stattzugeben, nachvollziehbar und diskriminierungsfrei zu dokumentieren.

Arbeitnehmer, die in einer solchen Situation (offene Stellen im Zeitpunkt ihres Erhöhungsbegehrens) erfolgreich agieren wollen, müssen gegebenenfalls überlegen, ob sie im Wege einstweiligen Rechtsschutzes ihr Ziel erreichen können.