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BGH, Urteil vom 16.05.2017 – II ZR 284/15 Atypisch stiller Gesellschafter weiter zur Zahlung verpflichtet?


Zur Zeit werden die als atypische stille Gesellschafter beteiligten Personen mit Klagen überhäuft, nachdem diese sich an einem Beteiligungsprogramm mit Rateneinlagen beteiligt haben. Der Bundesgerichtshof hatte nunmehr über die mit „Sprint“ genannte Beteiligungsform zu entscheiden. Der Beklagte hat sich im Februar 2004 mit einer Rateneinlage von EUR 18.000,00 beteiligt, die er mit einer Anzahlung in Höhe von EUR 3.000,00 bediente und sodann mit monatlichen Raten in Höhe von EUR 100,00, wobei die Vertragslaufzeit 15 Jahre betrug. Die stillen Gesellschafter wurden nach den gesellschaftsrechtlichen Absprachen an Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven der Vermögensubstanz beteiligt. Nach § 10 Nr. 6 GV traten die stillen Gesellschafter mit ihren Auszahlungs- und Abfindungsansprüchen im Rang hinter die Erfüllung der Forderungen von Gläubigern des Geschäftsinhabers zurück. Auch im Insolvenzfall waren diese nach dem Gesellschaftsvertrag zur Zahlung der rückständigen Einlagen in die Insolvenzmasse verpflichtet. Im Jahr 2009 beschlossen die stillen Gesellschafter, die stille Gesellschaft zu liquidieren. Der Beklagte hat die Ratenzahlungen eingestellt und wurde vom Geschäftsinhaber auf Zahlung in Anspruch genommen.

Der Anleger verlor in allen drei Instanzen. Der stille Gesellschafter ist zwar nach §§ 232 Abs. 2, 236 Abs. 2 HGB verpflichtet seine rückständigen Einlagen im Allgemeinen nur bis zur Höhe seines Verlustanteils zu erbringen. Anders gilt jedoch, wenn die vom stillen Gesellschafter übernommene Einlage nach den gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen Eigenkapitalcharakter für den Geschäftsinhaber hat und deshalb auch bei Auflösung der stillen Gesellschaft erbracht werden muss, wenn diese für die Befriedigung der Gläubiger des Geschäftsinhabers benötigt wird. In diesem Fall ist die Anlage auch bei Beendigung der stillen Gesellschaft noch im vollen Umfang zu entrichten, da sie als Teil der Eigenkapitalgrundlage des Geschäftsinhabers dessen Gläubigern als Haftungsmasse zur Verfügung stehen muss. Diese Voraussetzungen liegen im streitgegenständlichen Fall vor, da die Einlage des beklagten Anlegers Eigenkapitalcharakter hat. Dies folgt bereits daraus, als die stillen Gesellschafter mit ihren Abfindungsansprüchen im Rang hinter die Erfüllung der Forderungen von Gläubigern des Geschäftsinhabers zurücktreten. Auch ist dieser Eigenkapitalcharakter nicht auf die zum Zeitpunkt der Liquidation tatsächlich eingezahlten Einlagen beschränkt. Nachdem der vom beklagten Anleger eingeforderte Betrag zur Befriedigung der Gläubiger benötigt wird, wurde der Anleger damit zu Recht zur Zahlung verurteilt.