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Urteile vom 24.02.2015 – XI ZR 47/14 und XI ZR 193/14 – “Argentinien zur Zahlung verpflichtet


Argentinien hat im Jahr 1997 und 1996 Staatsanleihen (Inhaberschuldverschreibung) ausgegeben. In einem Verfahren verlangte der klagende Anleger die Rückzahlung des Nominalbetrages, der Ende Oktober 2009 fällig war, nebst den am 30.10.2008 und 30.10.2009 fällig gewordenen Zinsen. Der Kläger im Parallelverfahren verlangt Zinsen für das Jahr 2005 nebst einem nach seiner Behauptung wegen der Nichtzahlung dieser Zinsen entgangenen Gewinns.

Der beklagte Staat argumentiert mit wegen Zahlungsunfähigkeit erklärtem Staatsnotstand. Er sieht sich seit 1999 mit erheblichen volkswirtschaftlichen Problemen konfrontiert, die sich zeitweise bis zu einer Finanzkrise des Staates ausgeweitet haben. Er hat ein Gesetz über den öffentlichen Notstand und die Reform des Wechselkurssystems verabschiedet. Auf Grundlage der auf diesem Gesetz erlassenen Verordnung zur Umstrukturierung der Verbindlichkeiten und Schuldenzahlungen wurde der Auslandschuldendienst ausgesetzt, damit dieser neu geordnet werden kann. Das Gesetz über den öffentlichen Notstand wurde immer wieder verlängert, zuletzt bis zum 31.12.2015. Aus diesem Grund wurden auch die Ansprüche der beiden Kläger nicht erfüllt. Das Amtsgericht hat beiden Klagen im Wesentlichen stattgegeben, das Landgericht hat die Berufungen zurückgewiesen. Die Revisionen der Beklagten haben vor dem Bundesgerichtshof keinen Erfolg. Es gibt keine allgemeinen Regelungen des Völkerrechtes, die einen Staat gegenüber Privatpersonen berechtigen, die Erfüllung privatrechtlicher Zahlungsansprüche zu verweigern. Ihm ist ein Berufen auf eine Zahlungsunfähigkeit und hierauf erklärten Staatsnotstand oder mit einer der Mehrheit der Gläubiger freiwillig zustande gekommene Umschuldung nicht möglich. Bereits im Jahr 2007 wurde entschieden, dass das Völkerrecht weder ein einheitliches noch ein kodifiziertes Konkursrecht von Staaten kennt. Auch die Weltfinanzmarktkrise der Jahre 2008 und 2009 und die EURO-Rettungsmaßnahme für Griechenland und Zypern stellen keine allgemeine Regel des Völkerrechtes gemäß Art. 25 GG dar, wonach sich sämtliche privaten Gläubiger eines Staates im Falle eines wirtschaftlichen und finanzielle Notstandes an einer Umstrukturierung der Schulden beteiligen müssen. Demnach steht dem beklagten Staat bis zu einer entsprechenden Vereinbarung auch kein Leistungsverweigerungsrecht zu. Dies würde im Ergebnis dazu führen, dass es ein von der Staatengemeinschaft anerkanntes Insolvenzrecht von Staaten gäbe, welches allerdings nicht existiert.