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OLG Stuttgart, Urteil vom 08.12.2015 – 10 U 132/13(Revision anhängig VII ZR 300/15) – “Architektenhaftung


Das Oberlandesgericht Stuttgart hat am 08.12.2015 ein – noch nicht rechtskräftiges – Urteil mit interessanten Überlegungen zum Verhältnis der Haftung von Handwerkern und Architekten getroffen:

Aufgrund eines Überwachungsfehlers des Architekten wurde eine Metall-Glaskonstruktion an der Fassade eines Gebäudes nicht wie vorgesehen so ausgeführt, dass die Rastereinteilung der Fassade sich in den einzelnen Stockwerken des Bauwerks fortsetzen konnte und über verschiedene Systemwände die variable Gestaltung der Büroräume ermöglicht. Die Metallbauarbeiten wurden abweichend von der Rasterplanung ausgeführt, was die Architekten nicht bemerkten, die Nachfolgegewerke führten ihre Leistungen ebenfalls abweichend von der ursprünglichen Planung aus. Die Bauherrin ließ die von der Rasterplanung abweichende Ausführung insgesamt zurückbauen, so dass nicht nur die Metall-Glashausfunktion sondern auch Trockenbau, Fassadenbau sowie Teile des Innenausbaus zurückgebaut und erneut ausgeführt werden mussten.

Den ausführenden Handwerkern, die für Rückbau und neue Ausführung eine Zusatzvergütung verlangten, zahlte die Klägerin diese Vergütung (von den Architekten freigegeben). Sie nahm im Nachhinein den Architekten auf Schadensersatz bezüglich dieser Vergütung und wegen Bauverzögerung in Anspruch und ist damit im Wesentlichen durchgedrungen.

Das Oberlandesgericht führt dabei aus, dass es nicht treuwidrig war, dass die Klägerin den Handwerkern, die für Rückbau und Neuausführung Nachtragsvergütungen geltend machten, diese Nachträge erteilte und bezahlte. Zwar kam durchaus in Betracht, dass auch diese Handwerker eine mangelhafte Leistung erbracht haben. Für die streitige Klärung dieser Frage hätte die Klägerin fünf Prozesse führen und eine ganz erhebliche Bauzeitverzögerung, wahrscheinlich mehrere Jahre, in Kauf nehmen müssen. Im Verhältnis zu den Architekten sei es deswegen weder ein Mitverschulden, diese Aufträge erteilt zu haben, noch stehe die Frage, ob ein mangelhaftes Gewerk der Handwerker vorgelegen habe, dem Schadensersatzanspruch entgegen. Die Vergütung, die an die Unternehmer bezahlt wurde sei ein Mangelfolgeschaden des Architektengewerks und von diesen zu erstatten.

Der Architekt könne allerdings im Rahmen der Vorteilsausgleichung für seine Zahlung von Schadensersatz Zug um Zug die Abtretung eventueller Rückforderungsansprüche gegenüber den Handwerkern verlangen. Damit übernimmt der Architekt das Prozessrisiko für die Klärung der Frage, ob die Handwerker einen Nachvergütungsanspruch hatten oder nicht. Das Oberlandesgericht führt dazu auch aus, dass eine Rückforderung nicht wegen Leistung der Nachtragsvergütung in Kenntnis, dass diese nicht geschuldet ist, ausscheidet, § 814 BGB, da die Frage, ob eine Nachbesserungspflicht der Handwerker vorlag oder nicht, gerade streitig war und der Bauherr diesen Streit nicht lösen muss, wenn der Architekt durch fehlerhafte Planung und Überwachung auch zum Schaden beigetragen hat.

Das Oberlandesgericht hatte sich in dieser Angelegenheit auch mit der Frage zu befassen, ob ein Fachingenieur bei der Neuausführung zusätzliche Bauleitungskosten geltend machen kann. Die Klägerin hatte von den Architekten auch Erstattung eines Zusatzhonorars des Fachplaners für Heizung und Sanitär verlangt. Diesen an das Fachplanungsbüro bezahlten Betrag sah das Oberlandesgericht aber nicht als begründet an, da nach seiner Auffassung schon gar kein Anspruch auf zusätzliche Vergütung bestand, weil die bereits ursprünglich beauftragte Leistung „Objektüberwachung“ nach der HOAI vergütet wird, und die Höhe der Vergütung nicht davon abhängt, ob ein Baubeteiligter besonders mangelhaft arbeitet oder nicht. Auch die Überwachung umfangreicher Nachbesserungsarbeiten erhöht den Honoraranspruch nicht. Auch hier gilt, dass der Fachplaner ein bestimmtes Werk/den Werkerfolg schuldet und es nicht darauf ankommt, ob er einen oder mehrere Versuche des Handwerkers, den Werkerfolg herzustellen, begleiten muss.