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OLG Karlsruhe, Urteil vom 05.04.2023 – 15 U 101/22

BGH, Beschluss vom 13.03.2024 – VII ZR 94/23 – „Arbeitseinstellung, um Nachträge durchzusetzen, ist ein Kündigungsgrund!“


Der Bundesgerichtshof hat eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde bestätigt, in der der Auftraggeber den Nachtragsunternehmer „ausschließlich aus wichtigem Grund“ gekündigt hat.

Im Bauvertrag der Parteien war geregelt, dass bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Generalunternehmer und Auftraggeber der Generalunternehmer nicht berechtigt ist, die Arbeiten einzustellen. Im Bauablauf (im Rahmen der 11. Abschlagsrechnung) stellte der Generalunternehmer verschiedene streitige Nachträge in Rechnung, die der Auftraggeber nicht bezahlte. Der Generalunternehmer mahnte die Bezahlung an und stellte entsprechend einer vorangegangenen Androhung am 01.04.2017 die Arbeiten ein. Der Auftraggeber forderte ihn unter Kündigungsandrohung auf, die Arbeiten zum 05.04.2017 aufzunehmen. Dies geschah nicht, der Auftraggeber kündigte aus wichtigem Grund.

Das Oberlandesgericht bestätigte diese Herangehensweise, unabhängig davon, ob die Nachträge berechtigt gewesen sind, hält es die Kündigung aufgrund der vertraglichen Regelung, dass Meinungsverschiedenheiten keinen Grund darstellen, die Arbeiten einzustellen, für berechtigt. Hinzu kam, dass der Auftragnehmer die im Vertrag für den Fall von Nachtragsstreitigkeiten vorgesehene Verfahrensweise (Schiedsgutachten, Geltendmachung mit der Schlussrechnung) nicht einhielt.

Auftragnehmern ist folglich zu raten, die Frage, ob eine nachtragsfähige Leistung vorliegt, vor Ausführung der Arbeiten zu klären zu versuchen. Nachdem man die Arbeiten bereits ausgeführt hat, berechtigt – bei entsprechender Vertragslage – die Nichtzahlung nicht in jedem Fall zur Einstellung der Bautätigkeit. Regelt der Vertrag allerdings nichts Ausdrückliches zur Frage, wie man mit Streitigkeiten umzugehen hat, ist die Zurückhaltung der Bauleistung bei Zahlungsverzug des Auftraggebers grundsätzlich rechtlich begründbar. Das muss auch im Einzelfall sorgfältig geprüft werden. Sollte der Auftraggeber zu einer Kündigung aus wichtigem Grund greifen und diese als berechtigt eingestuft werden, schuldet der Auftragnehmer Schadensersatz für die daraus resultierenden (Verzögerungs-) Schäden und eventuelle Mehrkosten bei Fertigstellung der Arbeiten durch einen Drittunternehmer.