Project Description

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 08.09.2021 – 5 AZR 205/21 – “Annahmeverzugslohn trotz Ablehnung einer Weiterbeschäftigung? “


Das Bundesarbeitsgericht hatte einen ursprünglich vom Arbeitsgericht Heilbronn entschiedenen Fall zur Entscheidung vorliegen, der einen etwas seltsamen Sachverhalt hatte, gleichwohl für Arbeitgeber und Arbeitnehmer interessant ist:

Der Arbeitnehmer klagte auf Annahmeverzugslohn. Der Arbeitgeber wendet ein, er habe dem Arbeitnehmer ein befristetes Prozessarbeitsverhältnis angeboten, welches dieser abgelehnt hat. Ihm stünde deswegen kein Annahmeverzugslohn zu. Folgender Sachverhalt lag zugrunde:

Der Arbeitgeber kündigt zum 30. September eines Jahres. Die dagegen gerichtete Klage des Arbeitnehmers ist erfolgreich. Der Arbeitnehmer hat nicht nur auf Feststellung der Unwirksam der Kündigung, sondern auch auf Weiterbeschäftigung geklagt, auch dem Weiterbeschäftigungsantrag wurde vom Arbeitsgericht stattgegeben. Der Arbeitgeber seinerseits bietet am 26. September des Jahres dem Arbeitnehmer ein sogenanntes Prozessarbeitsverhältnis mit in wesentlichen gleichen Bedingungen wie sein ursprüngliches Arbeitsverhältnis an. Er macht die vorherige Unterzeichnung dieses Angebots durch den Arbeitnehmer zur Voraussetzung, diesen weiter zu beschäftigen, obwohl das Urteil des Arbeitsgerichts bereits die Verpflichtung enthielt, den Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen.

Der Arbeitnehmer unterschreibt nicht und arbeitet nicht und klagt später für 3 Monate Annahmeverzugslohn ein. Das Bundesarbeitsgericht gibt ihm recht. Zwar sei das Angebot der Arbeitgeberin, ein befristetes Prozessbeschäftigungsverhältnis einzugehen, an sich zumutbar gewesen. Die Ablehnung dieses Angebots könne also grundsätzlich zur Anrechnung des unterlassenen Zwischenverdienstes auf den Annahmeverzugslohn führen. Allerdings sei das Unterlassen des Arbeitnehmers deswegen nicht böswillig, da zu seinen Gunsten ein vorläufig vollstreckbares Weiterbeschäftigungsurteil ergangen sei und der Arbeitgeber sich nicht entsprechend dieses Urteils verhalten habe. Die Ablehnung, auf einer anderen Basis als derjenigen, die das Gericht ausgesprochen hat, tätig zu werden, also auf Basis eines Prozessarbeitsverhältnisses sei nicht treuwidrig, da die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers dort ihre Grenze finde, wo der Arbeitnehmer einen vorläufig vollstreckbaren Titel und damit eine den Arbeitgeber bereits bindenden Rechtsanspruch habe.

Prozessarbeitsverhältnisse können grundsätzlich probate Mittel von Arbeitgebern sein, dass Annahmeverzugsrisiko zu reduzieren.

Dies gilt nach dieser Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aber nur noch, wenn kein Weiterbeschäftigungsurteil 1. Instanz in der Welt ist.