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OLG Stuttgart, Urteil vom 28.05.2019 – 10 U 15/19 – “Achtung bei Mängelrügen vor der Abnahme“


Das Oberlandesgericht Stuttgart hat mit einem Urteil vom 28.05.2019, das zu einem VOB/B-Bauvertrag erging, entschieden, dass ein Auftraggeber, der den Bauvertrag nicht vorher gekündigt, keine Kosten der Ersatzvornahme verlangen kann, wenn im Zeitpunkt der Ersatzvornahme noch keine Abnahme vorliegt.

Die Parteien schlossen einen Vertrag über Durchführung von Bodenbelagsarbeiten in einem Pflegeheim unter Geltung der VOB/B. Die Arbeiten wurden durchgeführt und abgerechnet. Bereits im Zusammenhang mit der Abrechnung rügt der Auftraggeber mehrfach eine Vielzahl von Mängeln und nicht fertig gestellter Arbeiten. Zu einer Abnahme kommt es nicht. Nach Ablauf der gesetzten Fristen zur Mangelbeseitigung führt der Auftraggeber die Ersatzvornahme durch und lässt durch Dritte Mängel und Restarbeiten erledigen. Er verlangt sodann die Erstattung der Mangelbeseitigungskosten.

Die Forderung wird vom Oberlandesgericht Stuttgart zurückgewiesen. Nach § 4 Abs. 7 VOB/B setzt eine Ersatzvornahme bei Mängeln, die vor der Abnahme beseitigt werden, voraus, dass der Auftraggeber eine angemessene Frist zur Mangelbeseitigung setzt und zugleich die Kündigung androht und nach fruchtlosem Fristablauf unverzüglich schriftlich kündigt.

Im entschiedenen Fall hatte der Auftraggeber weder eine Kündigung angedroht noch eine solche erklärt. Auch eine endgültige und ernsthafte Erfüllungsverweigerung des Auftragnehmers lag aus Sicht des Oberlandesgerichts Stuttgart nicht vor (eine solche könnte die Kündigungsandrohung und Nachfristsetzung entbehrlich machen). Die bloße Untätigkeit des Auftraggebers genügt als Erfüllungsverweigerung nicht.