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BAG, Urteil vom 24.06.2021 – 5 AZR 505/20 – “Mindestlohn für ausländische Betreuungskraft“


Das Bundesarbeitsgericht hat im Juni einen in Zeiten knapper (und teurer) Pflegeressourcen hoch bedeutsamen Fall entschieden. Geklagt hatte eine bulgarische Staatsangehörige, die aufgrund eines in bulgarischer Sprache gehaltenen Arbeitsvertrags als Pflegerin mit einer Arbeitszeit von 30 Stunden wöchentlich beschäftigt wurde, Samstag und Sonntag sollten arbeitsfrei sein. Das Unternehmen entsandte die Klägerin nach Berlin, wo sie von Mai bis August 2015 sowie von Oktober bis Dezember 2015 gegen eine Nettovergütung von 950,00 EUR/Monat im Haushalt einer über 90-jährigen zu betreuenden Personen arbeitete und dort auch wohnte. Die Arbeitgeberin ihrerseits hatte sich gegenüber der zu versorgenden 90-jährigen Person verpflichtet Haushaltstätigkeiten durchzuführen, für eine Grundversorgung (Hilfe bei der Hygiene/Ankleiden) zu sorgen und soziale Aufgaben zu erbringen.

Die Klägerin machte geltend, sie habe quasi rund um die Uhr gearbeitet, an 7 Tagen pro Woche habe sie die zu betreuende Person gegen 6:30 Uhr geweckt und sei dann bis zur Nachtruhe zwischen 22:00 Uhr und 23:00 Uhr tätig geworden. Auch während der Nachtruhe habe sie ihre Tür geöffnet lassen müssen, damit sie die zu pflegende Person hört, wenn sie nach ihr verlangt.

Sie klagt auf die Bezahlung des Mindestlohns für 24 Stunden je Arbeitstag. Das Landesarbeitsgericht Berlin Brandenburg hat der Klage i.H.v. 21 Stunden pro Kalendertag stattgegeben. Das Bundesarbeitsgericht hat das Urteil aufgehoben und an das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Es führt aus, dass deutsches Arbeitsrecht und damit auch das Mindestlohngesetz auf das in Bulgarien geschlossene Arbeitsverhältnis Anwendung findet. Es führt weiter aus, dass auch die Bereitschaftarbeit als Arbeitszeit, die mit dem Mindestlohn zu vergüten sei, gelte. Der Gesetzgeber habe im Mindestlohngesetz nichts dazu ausgeführt, dass Bereitschaftszeiten anders zu vergüten sein könnten, sodass der Mindestlohn geschuldet werde.

Das Bundesarbeitsgericht hat allerdings gemeint, dass noch aufzuklären sei, welche bewegliche Arbeitszeit zwischen den Parteien gewollt war.