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Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.10.2019 – VIII ZR 340/18 – “20 Jahre alter Mietspiegel ist ungeeignet


Mit Schreiben der Hausverwaltung vom 19.01.2017 forderte der klagende Vermieter von der beklagten Mieterin die Zustimmung zu einer Erhöhung der Kaltmiete ab dem 01.04.2017 von EUR 300,00 um EUR 60,00 auf insgesamt monatlich EUR 360,00. Zur Begründung enthielt das Schreiben eine Bezugnahme auf einen Mietspiegel der Stadt Magdeburg aus dem Jahr 1998. Die Wohnung sei in der Kategorie 8B dieses Mietspiegels mit einer Mietpreisspanne von 9 DM bis 14 DM einzuordnen. Die beklagte Mieterin stimmte dieser Mieterhöhung nicht zu. Der Vermieter scheiterte mit seiner Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung in allen drei Instanzen.

Der Mietspiegel für die Stadt Magdeburg aus dem Jahr 1998 ist nicht geeignet, bereits den formellen Anforderungen an eine Begründung zu genügen. Gemäß § 558a Abs. 2 BGB kann zur Begründung auf die dort genannten Begründungsmittel (unter anderem einen Mietspiegel) Bezug genommen werden. Aus dem Erhöhungsverlangen müssen Angaben über diejenigen Tatsachen hervorgehen, aus welchen der Vermieter die Berechtigung der geforderten Mieterhöhung herleitet und zwar in dem Umfang, wie der Mieter solche Angaben benötigt, um der Berechtigung dieses Erhöhungsverlangens nachzugehen und diese zumindest ansatzweise zu überprüfen.

An solchen Voraussetzungen fehlt es, wenn der Vermieter ein Erhöhungsverlangen mit Tatsachen begründet, welche eine Mieterhöhung bereits auf den ersten Blick nicht als tragfähig erscheinen lassen. Das ist dann der Fall, wenn deutlich wird, dass der Vermieter von falschen Voraussetzungen ausgeht oder das Erhöhungsverlangen in wesentlichen Punkten unvollständig oder widersprüchlich erscheint. Dann steht eine solche fehlerhafte Begründung einer fehlenden Begründung gleich. Denn in diesem Fall ist das Ziel des Begründungserfordernisses ebenso wenig erreicht wie beim gänzlichen Verzicht auf eine Begründung.

Die Bezugnahme auf einen Mietspiegel, der seit rund 20 Jahren nicht mehr aktualisiert wurde, ist aber schon im Ansatz nicht geeignet, das Erhöhungsverlangen zu begründen. Denn das Gesetz geht grundsätzlich von einem Aktualisierungserfordernis für Mietspiegel innerhalb einer Frist von 2 Jahren aus. Zwar erlaubt das Gesetz grundsätzlich auch die Bezugnahme auf einen veralteten Mietspiegel, wenn bei Abgabe des Mieterhöhungsverlangens des Vermieters kein Mietspiegel vorhanden ist, bei welchem die Vorschriften der Aktualisierung eingehalten sind. Das bedeutet aber nicht, dass das Alter des Mietspiegels bedeutungslos wäre. Insbesondere heißt das nicht, dass ein Vermieter einen beliebig veralteten Mietspiegel zur Begründung heranziehen könnte, nur weil ein neuer Mietspiegel nicht erstellt wurde. Für die formelle Wirksamkeit eines Erhöhungsverlangens kommt es deshalb auch bei einem veralteten Mietspiegel darauf an, ob diesem noch ein Informationsgehalt zukommt. Bei einem fast 20 Jahre alten Mietspiegel ist das nicht der Fall. Denn die in § 558 Abs. 2 BGB genannten Wohnwertmerkmale, die die ortsübliche Vergleichsmiete beeinflussen, unterliegen einem Wandel. So können bestimmte Einrichtungen, die früher einen besonderen Wert der Mietsache begründeten, inzwischen zur Sonderausstattung geworden sein. Auch kann sich die Bewertung der Wohnlage durch strukturelle Veränderungen ändern. Da solche Faktoren in einem veralteten Mietspiegel keine Berücksichtigung finden, fehlt einem solchen Mietspiegel der notwendige Informationsgehalt.

Der Vermieter wird hierdurch auch nicht übermäßig beeinträchtigt, da es ihm freisteht, auf andere Begründungsmittel, etwa die Benennung von drei Vergleichswohnungen, zurückzugreifen.