Project Description

BAG, Beschluss vom 13.12.2016-9AZR 541/15 – Verpflichtung zur Urlaubsgewährung?


Das Bundesarbeitsgericht hat den Europäischen Gerichtshof mit der Frage konfrontiert, ob der Arbeitgeber von sich aus zur Urlaubsgewährung verpflichtet ist und demzufolge, wenn Urlaubstage verfallen, Schadensersatz leisten muss, auch wenn der Arbeitnehmer den Urlaub gar nicht beantragt hatte.

Zugrunde liegt folgende Konstellation:

Der gesetzliche Mindesturlaub muss nach § 7 Abs. 3 S. 1 BUrlG im laufenden Kalenderjahr gewährt werden. Das Bundesarbeitsgericht hat bislang hierzu entschieden, dass ein Schadensersatzanspruch für verfallenen Urlaub gegenüber dem Arbeitgeber nur dann bestand, wenn der Arbeitnehmer zuvor die Gewährung des Urlaubs beantragt und angemahnt hatte. Dies folgte aus dem allgemeingültigen Rechtsgrundsatz, dass das Entstehen eines Schadensersatzanspruchs ein Verschulden/Verzug voraussetzt. Dies bedeutete, dass der Arbeitnehmer zumindest seinen Urlaubsanspruch geltend gemacht haben musste, bevor er verfiel, um einen Ersatzanspruch zu haben.

Von dieser Rechtsprechung sind nun die Landesarbeitsgerichte Berlin-Brandenburg (21 SA 221/14), München (8 SA 982/14) und Köln (4 SA 1095/15) abgewichen.

Das Bundesarbeitsgericht hat die Frage dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt, der nun zu beurteilen haben wird, ob die bisherige Rechtsprechung den EU-Richtlinien oder der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegensteht.

Im Hinblick auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes der letzten Jahre ist durchaus zu erwarten, dass er die bisherige Rechtsprechung für europarechtswidrig hält. Für Arbeitgeber bedeute dies, da die Entscheidung ja auch noch auf sich warten lassen kann, dass sie bereits jetzt, in der laufenden Übertragungsperiode und natürlich im gesamten Jahr 2017 von sich aus dafür sorgen sollten, dass die Urlaubsansprüche erfüllt werden und entsprechend proaktiv zur Beantragung von Urlaub auffordern sollten. Nicht geklärt ist bislang, ob eine solche Aufforderung reicht, oder ob gegebenenfalls, wenn auf solche Aufforderung keine Reaktion aller Mitarbeiter erfolgt, eine einseitige Festlegung erforderlich ist, um den Ersatzanspruch zu verhindern.