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LG Saarbrücken, Urteil vom 09.10.2015 – 13 S 47/15 – “Schadensersatzleistung und Berechtigung zum Vorsteuerabzug


Für den Geschädigten stellt sich die Frage, welchen Betrag er letztendlich als Kompensation für eine unfallabhängige Beschädigung, beispielsweise eines Kraftfahrzeuges, erhält. Dabei ist auch die Umsatzsteuer eine erhebliche Position. Ist ein Geschädigter jedoch zum Vorsteuerabzug berechtigt, so stellte der Mehrwertsteueranteil bei diesem lediglich eine durchlaufende Position dar, so dass in dieser Höhe kein Schaden verbleibt, weshalb nur die Nettobeträge zu ersetzen sind. Dies gilt ohne Einschränkung für alle ausgewiesenen Mehrwertsteuerbeträge, beispielsweise bei den Kosten des Sachverständigen, Reparaturkosten und Anwaltskosten.

Bei der fiktiven Abrechnung auf Totalschadenbasis ergibt sich die Problematik, dass drei denkbare Modelle einer Belastung mit der Umsatzsteuer, bei der Feststellung des relevanten Wiederbeschaffungswertes, in Betracht kommen. Entweder es entsteht der Regelsteuersatz mit 19 % (Neufahrzeuge und gewerbliche Wiederverkäufer), eine Differenzsteuer (Gebrauchtfahrzeug vom Händler, welches dieser vom Privatmann erworben hat) oder keine Umsatzsteuer (Kauf von Privatpersonen). Durch den Bundesgerichtshof ist entschieden, dass es bei der Abrechnung auf Totalschadenbasis nicht darauf ankommt, ob auch ein Fahrzeug der einen oder anderen Besteuerungsart zu erlangen wäre. Vielmehr hat der BGH entschieden, dass es für die Höhe des Mehrwertsteueranteils auf die überwiegende Zahl der Verkaufsfälle ankommt (beispielsweise BGH, Urteil vom 09.05.2006 – VI ZR 225/05).

Trotz dieser Rechtsprechung kommt es gelegentlich vor, dass bei vorsteuerabzugsberechtigten Geschädigten (Unternehmern) seitens des zur Regulierung verpflichteten Versicherers unter Hinweis auf die Berechtigung zum Vorsteuerabzug stets die volle Mehrwertsteuer in Abzug gebracht wird, unabhängig von den Umständen des Falles. Ein diesbezüglicher Fall lag einer Entscheidung beispielsweise des Landgerichts Saarbrücken, Urteil vom 09.10.2015 – 13 S 47/15 (zfs 2016, 383 ff.) zu Grunde. Durch das Landgericht Saarbrücken wurde in der Berufungsinstanz das amtsgerichtliche Urteil abgeändert und entschieden, dass lediglich ein reduzierter Mehrwertsteueranteil vom Wiederbeschaffungswert (regelmäßig 2,4 % Differenzbesteuerung) gemäß dem vorliegenden Gutachten in Abzug zu bringen sind, obwohl die Geschädigte zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

Die Entscheidung zeigt, dass nicht nur neue Probleme in der Regulierung aufgeworfen werden sondern auch bereits grundsätzlich geklärte Abrechnungsfragen neu infrage gestellt werden können, weshalb es empfehlenswert ist, für die Schadenregulierung anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.