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BGH, Urteil vom 25.02.2016 – VII ZR 49/15 – “Ist ein Nachzüglererwerber an die Abnahme des Gemeinschaftseigentums gebunden?


Die Klägerin, eine Wohnungseigentümergemeinschaft, verlangt von der Beklagten Kostenvorschuss für die Beseitigung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum einer Wohnungseigentumsanlage und Feststellung der Ersatzpflicht zur Übernahme etwaiger weiterer Sanierungskosten. Die Beklagte hat die Wohnungseigentumsanlage errichtet. Am 16.11.2004 fand ein Teilabnahmetermin betreffend Treppenhäusern und Tiefgarage statt, an dem mehrere Eigentümer sowie die Verwalterin teilgenommen haben. Die Außenanlagen und die Tiefgaragenzufahrt wurden dabei nicht abgenommen. Am 15.12.2004 wurde ein Übergabeprotokoll zu den Außenanlagen erstellt, in dem verschiedene ausstehende Nacharbeiten festgestellt wurden. Erst mit Urkunde vom 06.11.2006 haben die Eheleute G. von der Beklagten eine Penthouse-Wohnung der Wohnanlage erworben, wo es in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unter anderem heißt, dass die Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums bereits erfolgt ist und der Verkauf nach Maßgabe dieser Abnahme als vereinbart gilt und eine förmliche Abnahme vorzunehmen ist.

Am 17.11.2006 wurde ein Nachabnahmeprotokoll erstellt, in dem beseitigte und nicht beseitigte Mängel aufgeführt worden sind. Die Eheleute G. nahmen an dieser Abnahme nicht teil. Die Übergabe der Wohnung an die Eheleute G. erfolgte am 13.12.2006. In der Folgezeit hat die Klägerin 4 Mängel moniert und setzte zu deren Beseitigung Fristen. Mit Abtretungsvereinbarung vom 12.04.2012 traten die Eheleute G. sämtliche Mängelansprüche aus dem Erwerbsvertrag an die Klägerin ab. Aus abgetretenem Recht dieser Eheleute geht die Klägerin gegen die Beklagte vor. Das Vorliegen der Mängel wurde von der Beklagten bestritten und die Einrede der Verjährung erhoben. Die Klage hatte in den ersten beiden Instanzen Erfolg. Die Revision der Beklagten wurde zurückgewiesen.

Denn der Klägerin steht tatsächlich ein Anspruch auf Vorschuss zur Durchführung von Mängelbeseitigungsansprüchen gemäß §§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 3 BGB zu. Durch die Abtretung der Ansprüche der Eheleute G. ist die Klägerin nämlich Inhaberin der Gewährleistungsansprüche gegen die Beklagte geworden. Durch das Landgericht wurde festgestellt, dass die Mängel vorliegen und deren Beseitigung den durch das Landgericht festgestellten Aufwand erfordern. Der Bundesgerichtshof bestätigt die Auffassung des Berufungsgerichtes, wonach die Vereinbarung im Kaufvertrag, dass die Erwerber an die Abnahme der übrigen Eigentümer gebunden sind, nach § 309 Nr. 8 b) ff) BGB unwirksam ist. Denn hiermit wird der Beginn der Verjährung von Mängelansprüchen auf einen Zeitpunkt vorverlagert, zu dem diese das Werk weder erworben hatten, noch es ihnen übergeben war. Der Bundesgerichtshof brauchte auch nicht zu entscheiden, ob vor Abnahme tatsächlich die Mängelrechte (vorliegend der Vorschussanspruch aus § 637 Abs. 3 BGB) geltend gemacht werden können. Denn der Beklagten ist jedenfalls als Verwenderin der unwirksamen Formularabnahmeklausel im Kaufvertrag nach Treu und Glauben verwehrt, sich darauf zu berufen, dass sich mangels Abnahme des Gemeinschaftseigentums der Vertrag noch im Erfüllungsstadium befinde. Die Inhaltskontrolle von Formularklauseln dient ausschließlich dem Schutz des Vertragspartners des Verwenders. Der Verwender kann sich nicht auf die Unwirksamkeit einer von ihm gestellten Allgemeinen Geschäftsbedingung berufen und daraus auch keine Vorteile ziehen. Demnach ist es der Beklagten auch verwehrt, sich darauf zu berufen, dass der Vertrag sich bezüglich des Gemeinschaftseigentums noch im Erfüllungsstadium befindet. Durch die Stellung der Klausel wurde der Eindruck erweckt, dass das Erfüllungsstadium aufgrund der erfolgten Abnahme beendet ist. Sie muss es daher hinnehmen, dass etwa trotz fehlender Abnahme des Gemeinschaftseigentums sie sich Mängelrechten entgegensieht.

Auch die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede greift nicht durch. Denn die Verjährung von Mängelansprüchen beginnt grundsätzlich mit der Abnahme. Eine solche ist weder ausdrücklich, noch konkludent durch Ingebrauchnahme und anschließende Nutzung erfolgt.

Der Bundesgerichtshof musste über eine weitere Facette der Durchsetzung von Mängelansprüchen gegen einen Bauträger entscheiden, musste jedoch die sehr kontrovers diskutierte Frage, ob Mängelansprüche vor Abnahme bestehen, im Ergebnis nicht entscheiden. Klargestellt ist aber, dass eine von einem Bauträger in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Erwerbsvertrages verwendete Klausel, die die nach Entstehen der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft und Abnahme des Gemeinschaftseigentums vertragschließenden Erwerber an eine durch frühere Erwerber bereits erfolgte Abnahme des Gemeinschaftseigentums bindet, wegen mittelbarer Verkürzung der Verjährungsfrist unwirksam ist und der Bauträger aus dieser Unwirksamkeit auch keine Vorteile ziehen kann.