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BGH, Urteil vom 22.6.2011 – I ZR 108/10 – „Keine Vergütungspflicht des Absenders bei für ihn weder vorhersehbaren noch beherrschbaren Verzögerungen”


Mit Urteil vom 22.6.2011 hat der Bundesgerichtshof die bislang umstrittene Frage entschieden, ob dem Frachtführer auch bei von außen wirkenden unvorhersehbaren und von den Parteien des Frachtvertrages nicht beherrschbaren Störungsursachen eine Zusatzvergütung zusteht. Gemäß § 420 Abs. 3 HGB kann der Frachtführer neben der Fracht eine angemessene Vergütung verlangen, wenn nach Beginn der Beförderung und vor Ankunft an der Ablieferungsstelle eine Verzögerung eintritt, die auf Gründen beruht, die dem Risikobereich des Absenders zuzurechnen sind. Einen Anspruch auf zusätzliche Vergütung hat der Frachtführer demnach entsprechend dem Sphären-Gedanken, wenn die Verzögerung in den Risikobereich des Absenders fällt. Dies ist anzunehmen, wenn die Verzögerung auf ein Verhalten des Absenders zurückzuführen ist oder ihren Ursprung im Organisationsbereich des Absenders hat. Umstritten war bislang, ob auch bei nicht vorhersehbaren oder nicht beherrschbaren Ursachen eine Zusatzvergütung anfällt. Dies hat der BGH nunmehr verneint und darauf hingewiesen, dass es nicht ausreichend ist, dass der Frachtführer darlegt, dass die Verzögerung nicht in seinen Risikobereich fällt. Vielmehr muss er zusätzlich auch darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass die Verzögerung aus der Sphäre des Absenders herrührt. Für den Fall einer vorübergehenden Sperrung eines Schifffahrtswegs wegen einer Havarie hat der BGH eine Zurechnung zum Verantwortungsbereich des Absenders daher abgelehnt. Der Frachtführer konnte demnach den Anspruch auf Zusatzvergütung nicht verlangen.